Der König der Kleinmeister
Das Kunsthaus Interlaken würdigt den Berner Maler Franz Niklaus König, der 1805 Mitinitiant des ersten Unspunnenfestes und ein Pionier der Freiluftmalerei in den Alpen war.

Es war zweifellos ein Höhepunkt in seinem Leben. Seiner Frau schrieb Franz Niklaus König (1765–1832) am 27. Februar 1820 aus der Residenzstadt Weimar, man habe ihm «so viele Freundschaften, Achtung und Liebe erwiesen, wie ich solches nie zu verdienen glaubte». Aus dem mittellosen Berner Maler, der seine Motive in Skizzenbüchern festhielt und später in der Werkstatt mit diversen Drucktechniken vervielfältigte, war ein europaweit beachteter Künstler geworden.
Beim damals 71-jährigen Geheimrat Goethe hatte der Berner Maler sogar einen besonderen Termin: «Goethe habe ich eine eigene Vorstellung gegeben, da er nicht wohl ist und das Geschwärm nicht vertragen kann.» Der Dichterfürst zeigte sich angetan von der Vorstellung: König war nämlich mit seinem «Diaphanorama» unterwegs. In diesem Guckkasten präsentierte er auf Reisen transparente, mit Kerzenlicht ausgeleuchtete Landschafts- und Trachtenbilder – und betrieb so Tourismuswerbung avant la lettre für das Berner Oberland. Bei der Bemalung durchsichtiger Lampenschirme war der Maler auf die Idee gekommen. Die Transparentbilder malte er meist mit Ansichten im Mondschein oder bei Sonnenaufgang. So werden die Altstadt von Bern und die Matte im 1810 entstandenen Bild «Die Stadt Bern im Mondlicht» vom Muristalden aus gezeigt: Ein durch Wolkenbänke schimmerndes Mondlicht überzieht dabei die Aare mit einem schillernden Schleier. Goethe wiederum wird sich an seine beiden Schweizer Reisen erinnert haben; sein Gedicht «Gesang der Geister über den Wassern», entstanden 1779 nach der zweiten Schweizer Reise, inspirierte König zu einem seiner bekanntesten Werke, dem 1803 entstandenen Gemälde «Der Staubbachfall».
Kreative Zeit im Berner Oberland
Ursprünglich ein Porträtmaler in der Stadt Bern, erhielt der Sohn eines Flachmalers nach der französischen Revolution immer weniger Aufträge. Die Invasion napoleonischer Truppen 1798 und der Militärdienst als Hauptmann der Artillerie trugen weiter zur Verschlechterung der Geschäfte bei. Zusammen mit seiner Familie – er war Vater von 19 Kindern – zog König ins Berner Oberland und lebte über ein Jahrzehnt in Unterseen und Interlaken, wo er mit Trachten-Zyklen und Genrebildern bekannt wurde; Reisenden verkaufte er kleine Landschaftsbilder. Im Oberland erlebte der Vielseitige seine produktivste Phase, schuf kolorierte Umrissradierungen, Lithografien, Kupferstiche, Aquarelle und Ölgemälde.
Das Fest der Versöhnung
Der Städter, der aufs Land gezogen war, bemühte sich auch intensiv um die Förderung des Fremdenverkehrs und stellte in seinem Haus sogar Gästezimmer zur Verfügung. 1805 gehörte er zusammen mit den beiden bernischen Schultheissen Niklaus Friedrich von Mülinen und Sigmund Wagner zu den treibenden Kräften hinter dem ersten Unspunnenfest.
Das Alphirtenfest sollte mit «schweizerischen Kampfspielen und Liedern das Nationalbewusstsein stärken», insbesondere die Spannungen zwischen Stadt und Land mildern, nachdem das Berner Oberland seinen Status als Kanton in der Mediationsverfassung 1803 wieder verloren hatte und die Bernburger mehr Macht erhalten hatten.
Kurator Heinz Häsler würdigt im Jahr des zehnten Unspunnenfestes (26. 8.–3. 9.) mit König einen der Mitbegründer des Anlasses, der das Fest als Sujet auch in mehreren Bildern festgehalten hat. Für die umfangreiche Ausstellung im Kunsthaus Interlaken hat Häsler rund 70 Leihgaben aus der ganzen Schweiz erhalten – etwa vom Kunstmuseum Bern und etlichen privaten Sammlern. Ein ganzer Raum in der Ausstellung ist dem «Diaphanorama» gewidmet. Zu sehen ist die ganze Bandbreite des Wirkens von König, in dessen Werkstatt auch einige seiner Kinder tatkräftig mithalfen.
In der Nachfolge von Caspar Wolf stiess der Freiluftmaler König als erster Berner Kleinmeister auch in hochalpine Regionen vor. Einige seiner Bilder, nicht zuletzt die Darstellungen des Staubbachfalls im Lauterbrunnental oder des Wetterhorns von der Rosenlaui aus, zeigen König als Künstler, der die damals vorherrschenden Veduten in ihrer brav-exakten Beschreibung der Natur überwand und mit grosser Sensibilität frühromantische Stimmungslandschaften erschuf.
Bis 3. 9. www.kunsthausinterlaken.ch
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