Der Goldgräber auf den Spuren von Orpheus
Er hat über Jahre das westliche Gehör auf die archaischen Klänge von Le Mystère des Voix Bulgares eingetunt und hat im Kalten Krieg der Welt vermittelt, wie sehr die Musik des Ostens ans Herz gehen kann. Jetzt ist der leidenschaftliche Klangsammler Marcel Cellier tot.

Im Waadtländer Dorf Chexbres verabschiedet sich die Musikwelt vom Schweizer Musikethnologen und Grammy-Award-Gewinner Marcel Cellier. Sie dürfte sich darauf einigen, dass Cellier wie kaum ein anderer zum Aufblühen des Genres Worldmusic beigetragen hat: Der im Alter von 88 Jahren verstorbene Schweizer gilt als Entdecker und Förderer der archaisch anmutenden bulgarischen Frauenchöre, allen voran von Le Mystère des Voix Bulgares; er hat dem rumänischen Panflötenspieler Gheorge Zamfir den Weg auf die grossen Bühnen der Welt geebnet; er hat nebst der bulgarischen, rumänischen und ungarischen Folklore dem westlichen Publikum auch jene Albaniens anempfohlen – notabene mitten im Kalten Krieg, als dieses Albanien noch als maoistische Fehlkonstruktion im Inneren Europas wahrgenommen wurde.