Der Ex-Kommunist muss auf das Rentnerleben verzichten
Giorgio Napolitano ist einer der wenigen beliebten Politiker Italiens. Dem bewährten Vermittler zwischen verhärteten Fronten bleibt aber kaum Zeit, seine Wiederwahl zu feiern.

Im sechsten Anlauf hat es in Italien geklappt. Nun ruhen alle Hoffnungen auf Präsident Giorgio Napolitano. Der 87-Jährige wurde gestern für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Er muss schnell einen neuen Regierungschef finden oder aber Neuwahlen ansetzen.
In der Wahlversammlung in Rom stimmten 738 der 1007 Delegierten für Napolitano. Er hatte eine erneute Kandidatur mit Verweis auf sein Alter lange abgelehnt. Schliesslich willigte er am Samstag doch ein, nachdem fünf Wahlgänge für einen Nachfolger kein Ergebnis gebracht hatten.
Hunderte Abgeordnete spendeten dem Wahlsieger am Samstag lang anhaltenden stehenden Applaus. Es ist das erste Mal, dass ein italienischer Präsident eine zweite Amtszeit bekommt.
Napolitano war sowohl vom Vorsitzenden des Mitte-links-Bündnisses, Pier Luigi Bersani, dem Vorsitzenden der konservativen Partei Volk der Freiheit (PdL), Silvio Berlusconi, als auch dem amtierenden Ministerpräsidenten Mario Monti zur erneuten Kandidatur gedrängt worden. Berlusconi dankte Napolitano nach der Wahl «für sein Pflichtgefühl und seine persönliche und politische Grosszügigkeit». Monti lobte Napolitanos «Opferbereitschaft».
Lob aus aller Welt
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärte, die Wiederwahl erfolge in einem Moment, «der eine grosse innere Ruhe, Mut und Voraussicht» erfordere. Napolitano habe in seiner ersten Amtszeit seine institutionelle Rolle «als Garant der nationalen Einheit und als Aushängeschild des internationalen Prestiges» Italiens vollständig erfüllt.
US-Präsident Barack Obama pries in einer Erklärung Napolitanos «aussergewöhnlichen Führungsfähigkeiten». Papst Franziskus erklärte, der Staatschef habe bislang «erleuchtet und weise» gehandelt.
Napolitano selbst sagte nach seiner Wiederwahl, alle müssten sich über «die schwierige Situation des Landes» im Klaren sein. Die Politiker sollten nach der «gequälten» Präsidentenwahl nun ihren Verpflichtungen nachkommen. Napolitano kündigte an, seine weiteren Pläne in einer Rede anlässlich seiner Vereidigung am Montagnachmittag bekanntzugeben.
Grillo spricht von «Staatstreich»
Unzufrieden zeigten sich Anhänger der Bewegung Fünf Sterne des Komikers Beppe Grillo. Hunderte der so genannten Grillini demonstrierten in Rom gegen die Wahl Napolitanos. Grillos Partei hatte Stefano Rodotá ins Rennen geschickt, der im fünften Wahlgang aber lediglich 217 Stimmen erhielt.
In seinem Blog bezeichnete Grillo Napolitanos Wiederwahl als «Staatsstreich». Die traditionellen Parteien seien «verzweifelt» und zu allem bereit, «um den Wandel zu verhindern». Später relativierte Grillo allerdings und sprach nur noch von einem «kleinen Putsch».
Seine Anhänger rief Grillo zum «Marsch auf Rom» auf - wohl in Anlehnung an Benito Mussolini, der sich 1922 mit einer solchen Aktion an die Macht putschte.
Bersani will als Parteipräsident abtreten
Vor Napolitanos erneuter Kandidatur hatten jeweils zwei Wahlgänge am Donnerstag und am Freitag sowie ein fünfter Wahlgang am Samstag kein Ergebnis gebracht. Bei der vierten Runde am Freitagabend war das Mitte-links-Bündnis Bersanis mit seinem Kandidaten Romano Prodi gescheitert. Bersani kündigte daraufhin an, nach der Wahl eines Präsidenten sein Amt als Parteichef niederzulegen.
Das Mitte-links-Bündnis um Bersanis Demokratische Partei (Partito Democrtico/PD) war Ende Februar als stärkste politische Kraft aus der Parlamentswahl hervorgegangen, konnte aber bislang keine Regierungsmehrheit zusammenbekommen.
Nun scheint eine Spaltung des PD, der 2007 aus mehreren Parteien der Linken und der Mitte gebildet worden war, nicht mehr ausgeschlossen. Als Hoffnungsträger der Partei gilt bei einigen der 38-jährige Florentiner Bürgermeister Matteo Renzi.
Napolitano könnte in seiner zweiten Amtszeit Neuwahlen veranlassen, die von vielen in Italien gefordert werden. Spekuliert wird, dass der 87-Jährige nach Zustandekommen einer neuen Regierung als Präsident zurücktritt. Die Zeichen deuteten zuletzt auf eine grosse Koalition zwischen Bersanis PD und Berlusconis PdL.
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