Der Abgang aus der Armee wird erschwert
Der Bundesrat will den Zivildienst mit einer längeren Dienstzeit unattraktiver machen. Die Linke droht mit dem Referendum.

«Verstanden», hat der Soldat auf den Befehl des Vorgesetzten zu antworten. Verstanden hat der Bundesrat den Auftrag der bürgerlichen Sicherheitspolitiker im Parlament. Diese wollen den Zivildienst vor allem für jene unattraktiver machen, die bereits in der Armee sind. Denn die Armee sieht den Zivildienst als Konkurrenz, die ihr die Soldaten abwirbt. Gefährdet sieht die Armeeführung den Sollbestand von 100'000 Soldaten für die künftige Armee.
Denn obwohl der Bundesrat die Zulassungsbedingungen bereits 2011 verschärfte, hat die Zahl der neuen Zivis im letzten Jahr mit 6785 schon fast wieder den Höchststand von 2010 erreicht. Den grössten Zuwachs verzeichnete der Zivildienst allerdings nach 2008, als die Gewissensprüfung abgeschafft wurde.
Problematisch findet der Bundesrat die steigende Zahl von Dienstpflichtigen, die der Armee nach der Rekrutenschule den Rücken kehren. 2017 verabschiedeten sich 2738 Soldaten nach der RS in den Zivildienst. Dazu kamen rund 3000, die von Beginn weg den Zivildienst wählten und fast 1000, die während der RS den Dienst quittierten.
Nach zwei WK unattraktiv
Der Bundesrat schlägt dem Parlament nun sieben Massnahmen vor, um den Zivildienst unattraktiver zu machen. Die stärkste Wirkung verspricht er sich von einer Verlängerung der Dienstpflicht. Heute müssen Zivis generell 1,5-mal mehr Diensttage leisten als Armeeangehörige. Neu legt der Bundesrat eine Mindestzahl von 150 Diensttagen fest, die nach einem Wechsel zum Zivildienst zu absolvieren sind. Unattraktiver wird der Zivildienst damit für Soldaten, die zusätzlich zur RS bereits zwei oder mehr Wiederholungskurse absolviert haben. Bisher mussten sie das 1,5-Fache der Restzeit absolvieren. Nach zwei WK sind das 120 Tage Zivildienst, neu 150 Tage.
Zusätzlich will der Bundesrat Abgänge von Armeekadern verhindern. Offiziere und Unteroffiziere mussten bisher das 1,1-Fache der verbliebenen Diensttage im Zivildienst absolvieren. Begründet wurde dies damit, dass sie im Militär wesentlich mehr Diensttage absolvieren als Soldaten. Künftig soll nun auch für Unteroffiziere und Offiziere das 1,5-Fache gelten. Zudem will der Bundesrat dafür sorgen, dass der Armee die Ärzte nicht abhandenkommen. Mediziner sollen nicht mehr als Ärzte im Zivildienst eingesetzt werden können.
Infografik: Zulassungen zum Zivildienst

Straffer wird auch der Dienstrhythmus im Zivildienst. So muss der erste Einsatz künftig bereits im ersten Jahr nach der Zulassung vollständig geleistet werden. Danach erfolgt ein jährliches Aufgebot. Und nach der Zulassung zum Zivildienst bleiben die Wehrmänner noch ein Jahr in der Armee und können während dieser Frist noch ins Militär aufgeboten werden.
Schliesslich will der Bundesrat verhindern, dass sich Armeeangehörige nach dem Absolvieren aller WK der Schiesspflicht entziehen, indem sie sich beim Zivildienst melden. Eine Ausnahme gibt es für den Fall, dass jemand zu einem Aktiv- oder Assistenzdienst aufgeboten wird. Dann ist ein Wechsel in den Zivildienst auch möglich, wenn sämtliche Ausbildungstage in der Armee absolviert wurden.
Linke drohen mit Referendum
Von bürgerlichen Sicherheitspolitikern werden die Verschärfungen als Schritt in die richtige Richtung gewertet. Ziel müsse sein, dass die Armee den Sollbestand von 100'000 Soldaten erreiche, sagt FDP-Nationalrätin Corina Eichenberger. Falls die Verschärfungen beim Zivildienst keine Trendumkehr bewirkten, müssten weitere Einschränkungen geprüft werden. Für SVP-Nationalrat Werner Salzmann bleibt der Zivildienst zu attraktiv. So hätten Zivildienstleistende weiterhin geregelte Arbeitszeiten und könnten zu Hause übernachten. Salzmann will vor allem die Einsatzmöglichkeiten der Zivildienstleistenden einschränken. Er stört sich daran, dass nach wie vor eine Wahlfreiheit zwischen Armee und Zivildienst besteht: «Die Abschaffung der Gewissensprüfung war der grösste Fehler.»
Der Zivildienstverband Civiva sieht hingegen das Recht auf Zivildienst gefährdet und droht mit dem Referendum. Die Wartefrist und die Mindestdauer kämen einer Bestrafung gleich. Der Bundesrat habe dem Wehklagen der Armee nachgegeben, sagt SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf. Das Problem liege bei der Armee selbst. Wenn diese die Männer in der RS nicht vom Sinn des Dienstes überzeugen könne, sei nicht der Zivildienst schuld. Auch die Grünen drohen mit dem Referendum. Der Bundesrat trete das Recht auf Verweigerung aus Gewissensgründen mit Füssen und missachte den wichtigen Beitrag, den die Zivildienstleistenden für die Allgemeinheit erbrächten.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch