
Bei den einen griff man durch, die anderen liess man gewähren – das kann kein Zufall sein! So sehen es Kritiker, wenn sie die Berner Kantonspolizei benoten. Da wurde eine 1.-Mai-Kundgebung im Keim erstickt, während am letzten Samstag eine ungenehmigte Demonstration beim Bundesplatz hingenommen wurde. Und dies, obschon nicht nur Impfgegner, Verschwörungstheoretiker und 5G-Kritiker mitmischten, sondern auch Rechtsextreme.
Doch das Links-rechts-Schema greift zu kurz. Die Polizei steckt in einer heiklen Lage. Weist sie eine Schülerin mit einem Klimaplakat weg, wirkt dies noch pedantischer als der Einsatz vom 1. Mai. Doch wie hätte es getönt, wenn sie letzten Samstag auf dem Bundesplatz friedlich lächelnde Alte, Rollstuhlfahrer und Familien mit Kind und Kegel weggeräumt hätte?
Es war niederschmetternd, den Unsinn zu lesen, der aus der Mitte des ignoranten Haufens in die Höhe gehalten wurde. Doch in einem hatten die Leute recht: Die Einschränkung von Grundrechten ist hoch problematisch. Es muss alles getan werden, damit diese scharfe Waffe rasch wieder im Holster verschwindet.
Es mag für Politiker bequem sein, wenn ihre «Untertanen» aus sanitarischen Gründen eine Zeit lang Ruhe geben: Sollen sie sich in den sozialen Medien austoben. Doch der Demo-Lockdown darf nicht zum Dauerzustand verkommen, zumal sich selbst das dominante BAG dagegen verwahrt, als Argument für eine zu restriktive Auslegung der Freiheitsrechte herhalten zu müssen.
Läden und Beizen öffnen wieder. Nun müssen auch Kundgebungen wieder möglich werden: kleiner, mit Mundschutz, mit Abstand – und selbstverständlich mit Bewilligung samt Schutzkonzept. Bern, von wo aus drei politische Ebenen regiert werden, muss zielstrebig auf eine Lösung hinarbeiten. Es genügt nicht, als Sicherheitsdirektor im Voraus markige Worte abzusondern und hinterher zu jammern. Reto Nause muss seine Drähte ins Bundeshaus nutzen, damit in der Bundesstadt das politische Leben auch auf öffentlichen Plätzen bald wieder stattfinden kann.
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Kommentar zum Kundgebungsverbot – Demo-Lockdown muss ein Ende haben
Kundgebungen mögen manchmal lästig sein, aber in einer Demokratie sind sie durchaus «systemrelevant».