Déjà-vu in der Berner Innenstadt
Erneut hat ein massives Polizeiaufgebot eine unbewilligte Kundgebung verhindert. Aktivisten beklagen ihre eingeschränkte Demonstrationsfreiheit, Nause den inexistenten Dialog.
Spanplatten vor den Fenstern der Gebäude am Bollwerk und an jeder Ecke ein Kastenwagen: Die Stadt Bern war am Samstag gewappnet. Wie bereits am Freitag vor einer Woche hatte eine Gruppe, die im Internet unter dem Namen «antifaschistische Demonstration» agiert, zur Kundgebung gegen Sexismus, Faschismus und Rassismus aufgerufen. Und wie bereits in der Vorwoche kam es letztlich überhaupt nicht zur Demonstration, geschweige denn Randale.
Katz- und Maus-Spiel zwischen Polizei und Aktivisten (Video: sda)
Angesichts des grossen Polizeiaufgebots änderten die Organisatoren via Kurznachrichtendienst Twitter kurzfristig den Versammlungsort, vom Käfigturm zum Bahnhof und schliesslich zum Falkenplatz in der Länggasse. Die Polizei erwartete die kleine Gruppe Demo-Teilnehmer jeweils und stoppte die Kundgebung damit, bevor sie entstehen konnte.
Per Durchsage warnte sie Passanten davor, sich der unbewilligten Demonstration anzuschliessen: Teilnehmer könnten festgenommen werden. Nach zwei Stunden erklärten die Organisatoren die Demonstration für beendet. Die Polizeipräsenz blieb bis in den späten Abend hoch.
Im Einsatz war am Samstag auch die «Demo-Watch», eine Aktion der Stadtberner Juso. Auch wenn sich die Polizei «einigermassen zurückgehalten habe», verstehe sie den massiven Einsatz der Polizei nicht, sagte Juso-Vorstands-Mitglied Vera Diener. «Die Demonstration war klar als friedlich angekündigt.»
Der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) zog gestern eine positive Bilanz: «Die Polizei hat den Auftrag des Gemeinderates, die Kundgebung zu verhindern, erfüllt, und es kam nicht zu Sachbeschädigungen.» Der Einsatz sei aber nicht nur wegen der wechselnden Treffpunkte schwierig gewesen, sondern auch, weil sich die Demonstrierenden bewusst unter die samstägliche Menschenmenge gemischt hätten.
Tatsächlich gaben die Organisatoren auf ihrer Webseite im Vorfeld Tipps zum Umgang mit der Polizei. So wurde den Teilnehmenden etwa geraten, auf «szenetypische Kleidung» zu verzichten. Probleme verursachten auch die Marktbetreiber, die der Aufforderung der Polizei, ihre Stände am Samstag früher abzubrechen, nicht folgten.
«Diese Situation war alles andere als optimal», so Nause. Zwischen Kundgebungsteilnehmern und Marktabbau sei die Situation sehr unübersichtlich gewesen. «Wir werden nun das Gespräch mit den Marktbetreibern suchen.»
Weitere Aktionen angekündigt
In einer Medienmitteilung vom Samstagabend kritisieren die anonymen Organisatoren den Polizeieinsatz und schrieben, ihre Anliegen hätten sich nun «zu einer Grundsatzfrage entwickelt, wer wo wann demonstrieren darf».
Anders sieht das Reto Nause. «Wenn wir bereits wiederholt Gesuche abgelehnt hätten, würde ich das ja verstehen», sagt er. «Aber in diesem Fall gab es absolut keinen Dialog – es wurde nie ein Gesuch gestellt.» Versuche, Kontakt mit Organisatoren aufzunehmen, seien erfolglos verlaufen. Diese haben bereits angekündigt, im Verlauf der Woche weitere Aktionen durchzuführen. Wie Stadt und Polizei darauf reagieren wollen, lässt Nause offen. «Das ist abhängig von der Sicherheitseinschätzung im Einzelfall.»
Alte Bekannte angehalten
Insgesamt wurden am Samstag sieben Personen angehalten und für weitere Abklärungen auf die Wache gebracht, wie Jolanda Egger, Mediensprecherin der Kantonspolizei Bern sagt. «Alle angehaltenen Personen waren der Polizei bekannt, vier davon waren bereits im Rahmen des Einsatzes in der Vorwoche angehalten worden», so Egger. Teilweise sei Vermummungsmaterial sicher gestellt worden.
Ein Mann war schon am Freitag vor einer Woche wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte verzeigt worden. Kurz vor Mitternacht waren alle wieder auf freiem Fuss. Bereits beim Einsatz vom vergangenen Freitag hatte die Polizei 29 Personen angehalten. Auch diese erste Kundgebung war nicht bewilligt gewesen.
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