«Das wäre eine Katastrophe»
«Bund»: Die Schweiz wird demnächst über die Initiative für ein Verbot von Rüstungsexporten abstimmen. Brauchen wir überhaupt eine eigene Rüstungsindustrie?Toni Wicki:Die Schweiz ist im Bereich der Wehrtechnik nicht in der Lage, den Eigenbedarf selbst zu decken. Wir sind von Zulieferungen aus dem Ausland abhängig. Wollen wir diese Produkte bei uns professionell betreuen und für die Schweizer Armee bereitstellen, dann brauchen wir eigenes wehrtechnisches Know-how. Um dieses Wissen aufrecht zu erhalten, müssen wir auch Kunden im Ausland beliefern können. Wir müssen im Netzwerk der weltweiten Rüstungsindustrie konstant vertreten sein. Ginge dies verloren, könnte sich die Schweiz im Bedarfsfall nicht mehr rechtzeitig und richtig ausrüsten.Die Ruag sagt, militärische und zivile Tätigkeiten führten zu Synergien. Wie ist das zu verstehen?Die Wehrtechnik und die Ziviltechnik arbeiten für unterschiedliche Märkte und weisen andere Zyklen auf. Damit sind wir grundsätzlich krisenfester aufgestellt. Dazu kommt die technologische Komponente: Sowohl in der Wehrtechnik als auch in den verwandten zivilen Bereichen arbeiten wir mit den gleichen Technologien und mit der gleichen Kultur. Drittens kommt noch das Qualitätssiegel dazu: Wenn wir als Zulieferer für Flugzeuge, Panzer oder andere militärische Objekte der Schweizer Armee tätig sind und diese Objekte zudem noch warten, dann ist dies ein Garant für hohe Qualität und Zuverlässigkeit. Genau diese Eigenschaften werden von uns auch in unseren zivilen Hochtechnologiebereichen gefordert. Viele Industriefirmen arbeiten ohne diese duale Abstützung und sind deswegen nicht weniger rentabel.Die Ruag hat eben einen speziellen Hintergrund. Sie wurde aus den ehemaligen Rüstungsbetrieben der Eidgenossenschaft heraus gegründet und hatte zum Ziel, der Schweizer Armee den Zugriff auf eine breit abgestützte Technologiebasis zu vermitteln. Wir können heute die Armee jederzeit bedarfsgerecht bedienen. Auf sich allein gestellt, könnte die Armee ein solches Technologieunternehmen aber nicht mehr finanzieren. Die Ruag ist in Krisenzeiten sehr rasch in der Lage, den militärischen Bereich wieder heraufzufahren – etwa durch den Zusammenzug von Kapazitäten im Flugzeugunterhalt.Was würde die Annahme der Initiative für die Ruag bedeuten?Das wäre eine Katastrophe. Ein Grossteil des Geschäfts würde wegbrechen. Einzelne Bereiche – etwa die auf Kleinkalibermunition spezialisierte und im Export tätige Ruag Ammotec in Thun – müssten geschlossen werden. Die Ruag Land Systems in Thun wäre ebenfalls hochgradig gefährdet, weil sie allein mit dem Geschäft für die Eidgenossenschaft kaum überlebensfähig ist. Bei Ruag Aerospace würde etwa die Hälfte des Geschäfts wegbrechen. Wir würden unglaubwürdig, wenn wir beispielsweise bei der Triebwerkzulieferung auf den militärischen Bereich verzichten müssten. Die zivilen Aufträge gingen dann auch verloren. Dazu kommt noch, dass auch ausserhalb der Ruag viele Betriebe betroffen wären. Die Initianten reden immer nur vom direkt betroffenen Exportgeschäft und sagen, dies sei für die Schweiz nicht von Bedeutung. Doch allein in Thun kommt heute ein Drittel unseres Geschäftsvolumens von Zulieferanten aus der näheren Umgebung. Wir gross wäre der Stellenabbau?Allein bei der Ruag wären in der Schweiz rund 2000 Stellen gefährdet, dazu kämen nochmals 600 bis 700 Stellen bei unseren inländischen Zulieferern. Bei der übrigen Wehrtechnikindustrie in der Schweiz und bei deren Zulieferern wären insgesamt nochmals mehrere Tausend Stellen gefährdet.>
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