Geldblog: Anlagetipps für RentnerWie soll ich mein Pensionskassen-Geld anlegen?
Wer die Verwaltung seines Vorsorgegeldes selbst übernehmen will, braucht gute Anlagekenntnisse. Die Tipps von Martin Spieler.

Mein Bruder wird 2024 pensioniert und ich 2028. In unserer Firma liegt der Umwandlungssatz der ordentlichen Pensionierung bei 5 Prozent. Ordentliche Pensionierungen sind im multinationalen Finance die Ausnahme. Heisst: Bei uns muss man mit einem nicht annehmbaren Umwandlungssatz von 4,5 Prozent rechnen. Rente per Umwandlungssatz macht immer weniger Sinn. Deshalb suche ich Anlagelösungen wie zum Beispiel eine Nachbildung des norwegischen Staatsfonds, Crowdlending wie Cashare oder Creditgate24, Dividendenrendite EFT, Energie EFT, Avadis oder neue Rolex-Uhren als Wertanlage. Ein Grundstück haben wir bereits erworben. Wie würden Sie PK-Geld anlegen? Was muss ich generell beachten? Leserfrage von R.S.
Wenn man statt der Rente aus der Pensionskasse das Kapital bezieht, muss man in der Lage sein, dies selbst zu investieren oder die Verwaltung des Vermögens an eine Bank oder anderen Vermögensverwalter delegieren. Letzteres kommt für Sie offenbar nicht infrage. Wenn man sich selbst um das Kapital kümmern möchte, ist das Wichtigste, dass Sie das Kapital tatsächlich investieren. Das klingt banal, ist es aber nicht. In der Praxis lassen viele Privatinvestoren beträchtliche Beträge einfach auf einem Bankkonto liegen, wo es keine Rendite abwirft und die Teuerung am Wert des Geldes nagt. Sehr wichtig sind auch eine systematische Bewirtschaftung des Geldes und eine breite Diversifikation. Hier machen Privatinvestoren nicht selten den Fehler, dass sie hohe Klumpenrisiken eingehen, die sich unter Umständen als fatal erweisen können.
Um die Teuerung zu schlagen, brauchen Sie zudem eine Rendite nach Gebühren, die höher ist als die jeweilige Teuerung. Das zu erreichen, ist schon ziemlich anspruchsvoll. Mit konservativen Anlagen wie sehr sicheren Frankenobligationen schaffen Sie dies nicht. Damit Sie Ihr bezogenes Kapital nur schon vor der Teuerung schützen können, müssen Sie zwingend auch stärker schwankungsanfällige Anlageklassen wie Aktien deutlich mehr gewichten als konservative Anlageklassen wie Obligationen.
Die negative Performance der Anlagelösungen der Avadis im Börsenjahr 2022 zeigt, dass auch professionelle Investoren keine Wunder vollbringen können.
Für die Asset Allokation kann es eine Überlegung Wert sein, Strategien von professionellen Investoren zu kopieren. Sie sprechen konkret den norwegischen Staatsfonds an, der sich in früheren Jahren als erfolgreich erwies. Dennoch rate ich von einem solchen Vorgehen ab. Denn ein solcher Fonds verfolgt ein anderes Ziel als Sie mit Ihrem Pensionskassengeld. Sie müssen sicherstellen, dass Ihr Geld reicht, um mindestens ihren Lebensstandard bis zu Ihrem Lebensende zu finanzieren. Während einem die Rente bis zum Lebensende garantiert ausbezahlt wird, trägt man bei einem Kapitalbezug das Anlage- und Langlebigkeitsrisiko selbst.
Wenn man Fehler beim Anlegen macht und hohe Verluste einfährt, riskiert man, dass man im Alter plötzlich zu wenig Geld hat, um seinen Lebensstandard zu finanzieren. Daher müssen Sie auf der einen Seite eine genug hohe Rendite erzielen, um die Teuerung zu schlagen, und auf der anderen Seite die Risiken so weit im Griff behalten, dass Sie nicht Gefahr laufen, wegen Verlusten zu wenig Kapital für die Finanzierung des Lebensstandards bis zum Lebensende zu haben. Wichtig ist für Sie somit ein möglichst optimales Rendite-Risiko-Verhältnis.
Skeptisch bin ich, wenn man für die Anlage seines PK-Geldes stark auf Spezialthemen wie Energie-ETF, Crowdlending oder gar Uhren als Wertanlage setzt.
In einer ähnlichen Situation sind die Pensionskassen. Daher kann es Sinn machen, das bezogene Pensionskassengeld ähnlich anzulegen wie Pensionskassen. Entsprechende Strategien werden auch von Banken angeboten. Möglich wäre ein solcher Weg auch über die Anlagelösungen der von Ihnen erwähnten Avadis, welche Gelder für institutionelle Investoren anlegt und teilweise auch für Privatanleger zugänglich ist. Allerdings zeigt die negative Performance der Anlagelösungen der Avadis im vergangenen Börsenjahr 2022, dass auch die professionellen Investoren keine Wunder vollbringen können.
Skeptisch bin ich, wenn man für die Anlage seines PK-Geldes stark auf Spezialthemen wie Energie-ETF, Crowdlending oder gar Uhren als Wertanlage setzt und diese stark gewichtet. Solche Spezialthemen können als Abrundung eines bereits breit diversifizierten Portfolios Sinn machen, nicht aber als Kernanlage – schon gar nicht für das Pensionskassengeld. Ich würde gar nicht zu weit suchen, sondern vielmehr eine Asset Allocation auf der Basis der modernen Portfoliotheorie vornehmen, welche alle wichtigen Anlageklassen wie Aktien, Obligationen, Immobilien und Rohstoffe berücksichtigt und je nach Risikobereitschaft stärker oder weniger stark gewichtet. Mittels Exchange Traded Funds kann auch international und über die Anlageklassen hinweg zu tiefen Gebühren eine breite Diversifikation erreicht werden. Im Schweizer Markt kann man durchaus auch mit Einzelaktien mit attraktiven Dividendenrenditen operieren.
Da man im Alter das Kapital für die Finanzierung des Lebensstandards braucht, sollte man das anzulegende Kapital in vielleicht drei Tranchen aufteilen. Die erste Tranche, die man für die ersten Jahre braucht, kann man liquid halten und einen Teil nur kurzfristig anlegen. Die zweite Tranche kann man mit einem etwas längeren Anlagehorizont von fünf bis zehn Jahren investieren und die dritte Tranche mit einem Anlagehorizont von mehr als zehn Jahren, womit man auch höhere Risiken eingehen und von besseren Renditenchancen profitieren kann.
Das perfekte Erfolgsrezept für die Anlage Ihres Pensionskassenkapitals kann ich Ihnen nicht geben. Das hat niemand – auch die professionellen Investoren nicht. Ob Sie das Geld selbst verwalten oder die Verwaltung delegieren: Sie tragen immer das volle Anlagerisiko. Darum würde ich nur begrenzte Risiken eingehen. Hohe Verluste aufzuholen, wird gerade im Alter, wenn der Anlagehorizont immer kürzer wird, sehr schwierig.
Fehler gefunden?Jetzt melden.