Cisalpino-Schlamassel ohne Ende
Die Pannenserie der Cisalpino-Neigezüge nimmt kein Ende. Mit dem erneuten Steckenbleiben eines Zuges im Lötschberg-Basistunnel hat sie aber ein neues Ausmass erreicht.
Gestern Morgen kurz vor 10 Uhr verliess ein Cisalpino-Neigezug von Mailand nach Basel den Bahnhof Visp planmässig in Richtung des Lötschberg-Basistunnels. Im Oberwallis ahnten die rund 200 Passagiere nicht Böses. Bei der Einfahrt in den 35 Kilometer langen Basistunnel verlor die BLS-Leitstelle in Spiez, die für den Betrieb des Tunnels zuständig ist, aber die Funkverbindung mit dem Zug; damit werden wichtige Informationen übermittelt. Der Zug wurde daher bei der Nothaltestelle unter dem Dorf Ferden gestoppt, wie BLS-Sprecher Hans Martin Schaer sagte.
Die Passagiere mussten den Zug verlassen und durch Notstollen in die zweite Tunnelröhre wechseln. Dort wurden sie in einem Ersatzzug, welcher von Spiez kam, aus dem Tunnel evakuiert. Laut Schaer lag die Ursache der Störung am Cisalpino-Zug. Der Basistunnel war gesperrt und erst am Mittag wieder vollständig befahrbar. Weil die Doppelstockzüge der SBB die Bergstrecke nicht befahren können, fielen einzelne Intercity-Züge von Zürich nach Brig während der Störung zwischen Spiez und Brig ganz aus.
Zweiter Vorfall in einem Jahr
Bereits zum zweiten Mal mussten damit innerhalb dieses Jahres die Passagiere eines Cisalpino-Neigezuges aus dem Lötschberg-Basistunnel evakuiert werden. Im Februar war ein Cisalpino-Neigezug wegen einer Bremsstörung stecken geblieben. Seit Jahren sorgen die störungsanfälligen Pannenzüge der Cisalpino, einer Tochtergesellschaft der SBB und der Italienischen Bahnen für den Verkehr von der Schweiz nach Italien, für Verspätungen und Totalausfälle. Doch mit dem erneuten Steckenbleiben eines Zuges im Tunnel nimmt das Problem drastischere Ausmasse an. In dem für seine Zuverlässigkeit bekannten Schweizer Bahnverkehr bleibt die Evakuierung eines ganzen Zuges aus einem 35 Kilometer langen Tunnel ein Ausnahmefall – und der Albtraum jedes Bahnkunden. Der erst im Dezember 2007 für den Personenverkehr eröffnete Lötschberg-Basistunnel verfügt über modernste Sicherheitsvorkehrungen, und die BLS ist auf Ernstfälle wie den gestrigen gut vorbereitet. In älteren Tunnels wie zum Beispiel auf der Gotthard-Strecke wäre die Evakuierung aber weitaus schwieriger.
Kein gutes Omen ist der Zwischenfall auch für die von Cisalpino-Chef Alain Barbey im Februar angekündigte Sanierung der bestehenden Neigezüge vom Typ ETR 470. Nach einer leichten Entspannung haben die Verspätungen und Ausfälle im Dezember wieder stark zugenommen. Auch zusätzliche Kontrollen durch die SBB haben offenbar ihre Wirkung verfehlt. Weil die bestellten neuen Cisalpino-Neigezüge verspätet sind, wären die SBB heute mehr denn je auf die bestehenden Neigezüge angewiesen. Die Verbindungen nach Italien werden immer unzuverlässiger, die Marke Cisalpino wird allmählich zur Lachnummer.
Neustart mit dem Pannenzug?
Hinter den Kulissen planen die SBB derweil einen Neustart der inzwischen praktisch wertlosen Marke Cisalpino. Dieser macht aber erst Sinn, wenn Hersteller Alstom endlich die 14 neuen Neigezüge liefern kann. Bereits jetzt stellt sich für die SBB die Frage, ob die bestehenden Pannenzüge bei einem Neustart nicht besser verschrottet oder verkauft werden sollten – falls sich überhaupt Interessenten finden. Mit einem reduzierten, aber zuverlässigen Angebot im Italien-Verkehr wären die SBB jedenfalls besser auf den Wettbewerb im internationalen Personenverkehr vorbereitet, welcher ab 2011 gelten soll.
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