Bürokratie am Bienennest
Immer mehr freiwillige Feuerwehren lassen die Finger von Bienen- sowie anderen Insektennestern. Schuld daran ist ein neues Kurs-Obligatorium.

Die warmen Frühlingstage beflügeln die heimischen Insekten. Deshalb müssten dieser Tage auch die freiwilligen Feuerwehren häufig wegen Insektennestern ausfliegen. Müssten, denn immer mehr dieser Feuerwehren rücken wegen Wespen, Bienen und Hornissen nicht mehr aus.
Diese Woche teilte etwa die Gemeinde Bolligen mit, dass ihre Feuerwehr aus Bürokratiegründen ab sofort keine Insektenbekämpfung mehr durchführe. Denn das Bundesamt für Gesundheit (BAG) schreibt in einer Verordnung vor, dass Personen, die Insekten im Auftrag von Dritten bekämpfen, eine spezielle Ausbildung benötigen. Diese haben die Angehörigen der Bolliger Feuerwehr nicht, darum verweist der Feuerwehrkommandant Bernhard Rüegg künftig an verschiedene Kammerjäger.
Die verlangte Ausbildung liesse sich mit den hundert Franken, die ein Insekten-Einsatz kostet, nicht decken, sagt Rüegg. Man konzentriere sich darum künftig auf die Brandbekämpfung.
Bisher keine Reklamationen
Seit einem Jahr rückt auch die Feuerwehr Hindelbank nicht mehr wegen lästiger Insektennester aus. Der notwendige Kurs für 2500 Franken pro Mitarbeiter rechne sich nicht, sagt Kommandant Christian Spühler.
Man verweist bei Wespennestern auf dem Balkon ebenfalls an Firmen, die auf Insektenbekämpfung spezialisiert sind. «Wir haben schon unser Feuerwehrleiter an einen privaten Insektenbekämpfer entlehnt, damit er an ein Nest kam», sagt Spühler. Bisher habe es aber keine Reklamationen gegeben, weil man die Dienstleistung nicht mehr anbiete.
«Es kann fatale Folgen haben, wenn man sich falsch verhält.»
Beim BAG weiss man, dass die freiwilligen Feuerwehren von der neuen Regelung nicht begeistert sind: Ziel der neuen Verordnung sei es gewesen, den Umgang mit den Bioziden zu professionalisieren, sagt Max Ziegler, Chemie-Spezialist beim BAG. Deshalb habe man 2005 die Fachausbildung eingeführt, die 18 Tage daure und sich an Profis in der Schädlingsbekämpfung richte. Für die Feuerwehren gebe es eine reduzierte, zweitägige Ausbildung mit einer Prüfung, so Ziegler. Seit 2015 ist es Pflicht, dass die ausgebildete Person bei jedem Einsatz die Verantwortung trägt.
Auch in Ittigen denkt man zurzeit darüber nach, künftig die Aufgabe der Insektenbekämpfung an Externe abzugeben, wie Feuerwehrkorporal Martin Spilling sagt, der den geforderten Kurs besucht hat. Im Jahr 2015 sei seine Feuerwehr 40 Mal wegen Insekten ausgerückt, für 50 Franken pro Einsatz. «Die Unkosten sind damit nicht annähernd gedeckt, darum denkt ein Gremium darüber nach, die Insektenbekämpfung künftig nicht mehr anzubieten», sagt Spilling.
Er verstehe einerseits, dass sich seine Kollegen über den Aufwand, den das Kursobligatorium mit sich brachte, nervten. «Andererseits kann es fatale Folgen haben, wenn man sich im Umgang mit Wespen nicht richtig verhält.»
«Service public Feuerwehr»
In Ostermundigen stand man vor zwei Jahren ebenfalls vor der Frage, ob man die Insektenbekämpfung künftig wegen des obligatorischen Kurses auslagern will. «Wir entschieden im Sinne des Service public, fünf Leute in den Kurs zu schicken», sagt Peter von Arx, Abteilungsleiter Öffentliche Sicherheit.
Der Gemeinderat habe dafür einen Kredit gesprochen. «Wir wollten nicht riskieren, dass Leute mit einem Insektenspray selbstständig auf ein Dach klettern, weil sich dort ein Wespennest befindet», sagt er. Zudem sei so geklärt, wer ausrücke, wenn sich etwa auf einem Spielplatz ein Insektennest befinde: «Sind es Bienen, rückt ein Imker aus – und sonst eben einer der Experten unserer Feuerwehr.»
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