Berner Werbefenster für Moutier-Abstimmung
Der Regierungsrat hat seinen Text für das Abstimmungsbüchlein zum Gemeindeplebiszit über den Kantonswechsel von Moutier vorgelegt. Betont werden vor allem die handfesten Vorteile eines Verbleibs bei Bern.

Die Situation war ungewöhnlich: Nicht weniger als drei Regierungsräte stellten am Freitag in Bern ihren Text für ein Abstimmungsbüchlein vor – für eine Gemeindeabstimmung. Doch diese ist in der Tat speziell: Am 18. Juni entscheiden die Stimmbürger der bernjurassischen Kleinstadt Moutier an der Urne, ob sie beim Kanton Bern bleiben oder zum nördlichen Nachbarkanton Jura wechseln wollen.
Dass die Abstimmung stattfinden kann – und in welcher Weise – hat man in langen jurapolitischen Verhandlungen vereinbart. So ist auch festgelegt, wer sich in welchem Umfang im Abstimmungsbüchlein zu Wort melden darf. Den Platz teilen sich die Kantone Bern und Jura sowie die Gemeindebehörden von Moutier. Dies führt zu einem Verhältnis von 2 zu 1 für ein Ja zum Kantonswechsel, denn die separatistischen Behörden von Moutier befürworten diesen. Umso wichtiger scheint dem Regierungsrat die eigene Botschaft. Sie wird auch noch dem Bernjurassischen Rat, dem Regionalparlament, und der grossrätlichen Kommission für Staatspolitik und Aussenbeziehungen vorgelegt, bevor die Endfassung erstellt wird.
Regierunsrätliche Liebesschwüre
Insbesondere die beiden Regierungsräte aus dem deutschsprachigen Kantonsteil nutzten die Gelegenheit, um eigentliche Liebeserklärungen an die Adresse Moutiers zu senden. «Moutier ist mir lieb, ja, Moutier liegt uns am Herzen», sagte Erziehungsdirektor Bernhard Pulver (Grüne). Gemeindedirektor Christoph Neuhaus (SVP) beteuerte: «Ich bin überzeugt davon, dass Moutier zum Kanton Bern gehört wie Gsteig, Innertkirchen, Trub, Ins, Niederbipp oder La Ferrière.»
Der Bernjurassier im Regierungsrat, Pierre Alain Schnegg (SVP), betonte, «dass Bern auch ein Kanton der Romandie ist, auch wenn fast 90 Prozent seiner Bevölkerung deutschsprachig sind». Wie die Nachbarn Wallis und Freiburg sei Bern per Verfassung zweisprachig. «In den Augen der bernischen Regierung wäre es nachteilig, wenn die welsche Dimension unseres Kantons durch den Wegzug von Moutier geschwächt würde.» Bern sei auch offiziell Teil der Westschweiz und wolle dies bleiben, sagte Pulver. «Das ist im Interesse der Romandie, aber auch wir wollen unsere dortigen Bündnispartner behalten.»
Allerdings dürften weder solche staatspolitischen Überlegungen noch die Sprache des Herzens die Abstimmung für Bern entscheiden. Denn Moutier wählt seit Jahrzehnten projurassische Gemeindebehörden.
Unentschiedene sind Schlüssel
Matchentscheidend dürften vielmehr die Unentschiedenen sein, die sich in der Regel kaum an Wahlen und Abstimmungen beteiligen. Sie werden die Vor- und Nachteile eines Kantonswechsels eher nüchtern abwägen.
Der bernische Abstimmungstext listet denn auch hauptsächlich handfeste Vorteile des Verbleibs bei Bern auf. So würden «fast zwanzig Prozent aller Arbeitsplätze in Moutier mit der Kantonszugehörigkeit zusammenhängen». Neben den Stellen in der dezentralen Kantonsverwaltung, dem Schulwesen und der Berufsbildung vor allem auch jene des Spitals in Moutier. Die lokalen Tagesschulen zum Beispiel seien eine eigentliche «bernische Besonderheit», die familienexterne Betreuung unterstütze der Kanton mit rund 1 Million Franken jährlich. Die zwei nachobligatorischen Schulen in Moutier würden, so der Regierungsrat, florieren.
Im Kanton Bern erhalte Moutier jährlich 2,5 Millionen Franken aus dem Finanzausgleich zwischen Gemeinden sowie 700'000 Franken für Kultur. Der Kanton unterstütze die Schaffung eines Industrieparks in Moutier sowie die Umnutzung einer alten Fabrik zu einem Gründerzentrum. Kurz, so die Werbebotschaft aus Bern: «Wer am 18. Juni mit Nein stimmt, zieht effektive Vorteile einer ungewissen Zukunft vor.»
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