FDP muss vor neuen Parteien zittern
Die Abgrenzung von der SVP tut der FDP gut. Mit wechselnden Partnern bringt sie den Kanton Bern weiter. Nun erwächst den Freisinnigen aber Konkurrenz durch BDP und Grünliberale.

Am 28. März will die Berner FDP aus dem Jammertal hinauf ans Licht vergangener Zeiten steigen. Dann soll nicht nur der zweite Regierungssitz von der Linken zurückerobert, sondern auch das Abschmelzen der Wählerbasis gestoppt werden. Was davon aber ist zweckoptimistische Wahlkampfrhetorik und was begründete Hoffnung?
Mit ihrem Kandidaten für den garantierten Jura-Sitz hat die FDP eine reelle Chance auf eine Zweiervertretung im Regierungsrat – obschon sie rein rechnerisch lediglich auf einen Sitz Anspruch hätte. Alle bürgerlichen Parteien unterstützen Sylvain Astier. Hier profitieren die Freisinnigen von der Schwäche der SVP, die sich nach der Abspaltung der BDP auf einen zweiten regulären Sitz in der Regierung konzentriert und nicht noch selber einen Jura-Kandidaten stellt. Ansonsten wird der Bruderzwist zwischen SVP und BDP jedoch zur grossen Hypothek für die FDP.
«Die BDP ist die grösste Gefahr für die Berner FDP», sagt Politologe Hans Hirter. Nicht nur in der Stadt Bern, sondern auch in anderen Gemeindewahlen hat die FDP Stimmen an die BDP verloren. «Die BDP bietet sich als volkstümlichere Alternative zur eher elitären FDP an», so Hirter. Inhaltlich unterscheiden sich die beiden Parteien tatsächlich nur in Details. Aber auch von links gerät die FDP unter Druck. Erstmals treten im Kanton Bern dieses Jahr die Grünliberalen an – und zwar gleich in allen Wahlkreisen. Sie werden auf freisinnigem wie auch auf linkem Terrain grasen.
Sorgen machen müsste der Berner FDP auch das Image ihrer Mutterpartei. Sie befindet sich im Sinkflug und macht in den Debatten um Bankgeheimnis und Managerlöhne eine schlechte Figur. Das hat zwar mit der hiesigen FDP wenig zu tun, und die Berner FDP-Nationalräte kamen bisher ohne grossen Schaden über die Runden. Ob aber die Wählerinnen und Wähler am 28. März so stark differenzieren, ist zumindest fraglich.
Im Kanton Bern verfolgt die FDP eine durchaus konsistente Sachpolitik und setzt dabei vergleichsweise selten auf Effekthascherei. Konsequent versucht sie, die Steuerbelastung zu senken und Bern im Steuerwettbewerb der Kantone im Mittelfeld zu platzieren. Gerade in diesem Bereich musste sie aber auch ihre einzige Niederlage in einer Volksabstimmung in den letzten vier Jahren hinnehmen. Bei der Steuergesetzrevision im Jahr 2008 gab das Stimmvolk dem linken Volksvorschlag den Vorzug vor der Grossratsvorlage, welche mehr Entlastungen für Gutverdienende hätte bringen sollen. Wenn es um Sparmassnahmen im Staatshaushalt geht, hat auch die FDP kein Patentrezept. Versucht sie doch, konkrete Vorschläge zu machen, hat sie sich auch schon verrannt. Letztes Jahr forderte sie zum Beispiel ziemlich unüberlegt und vorschnell grössere Schulklassen.
Die Modernisierer
Während die FDP in der Finanz-, aber auch in der Energie- und Sicherheitspolitik eine ziemlich verlässliche Partnerin der SVP ist, sorgt sie bei Staatsreformen und gesellschaftspolitischen Fragen zusammen mit der Linken für Mehrheiten. Gegen den Willen der SVP hat sie dem Kanton Bern mit der Bezirksreform zu einer schlankeren Struktur verholfen. Auch bei Gemeindefusionen möchte sie mehr Druck aufsetzen. In der Bildungspolitik setzt sich die FDP ebenfalls für zeitgemässe Lösungen ein. Sie verhalf beispielsweise der familienfreundlichen Volksschule mit Blockzeiten und Tagesschulen zum Durchbruch. Auch bei der Abstimmung über die landesweite Harmonisierung der Volksschule (Harmos) trug die FDP zum Ja des Kantons Bern bei – und bescherte der SVP damit eine bittere Niederlage.
Insgesamt politisiert die FDP heute selbstständiger und ist nicht mehr das vornehme Anhängsel der alles dominierenden SVP. «Diese Strategie hat sich bewährt», sagt Politologe Hirter. Die selbstbewusste Haltung habe den Rückgang des Wähleranteils wahrscheinlich gebremst. Was der eigenen Partei hilft, dient aber nicht unbedingt der bürgerlichen Sache. Im Regierungswahlkampf haben FDP, BDP und SVP der Geschlossenheit von Rot-Grün wenig entgegenzusetzen, und bei den Grossratswahlen könnte der Verzicht auf Listenverbindungen die knappe bürgerliche Mehrheit schwächen. Johannes Matyassy versucht, dies mit Breitseiten gegen die rot-grüne Regierung zu kompensieren: «Es sind massive Rückschritte zu verzeichnen», bilanziert der FDP-Präsident. FDP-Regierungsrat Hans-Jürg Käser relativiert aber: «Die Regierung hat in den letzten vier Jahren gut gearbeitet.»
Wenige Köpfe an der Spitze
Mit 26 Mitgliedern stellt die FDP nach SP und SVP die drittgrösste Fraktion im Kantonsparlament. Meist tritt sie recht geschlossen auf, was vielleicht auch damit zu tun hat, dass wenige Köpfe die freisinnigen Geschicke leiten. Neben Fraktionspräsident Adrian Haas fällt vor allem Stellvertreter Adrian Kneubühler auf. Er scheint der Mann für alle Fälle zu sein, präsidiert mehrere Kommissionen und tritt fast zu jedem Thema ans Rednerpult. Ist die Personaldecke der FDP tatsächlich so dünn? «Dieser Eindruck täuscht», sagt Haas. Die FDP verfüge in allen Bereichen über Fachleute. Er erwähnt etwa Franziska Fritschy (Gesundheit), Christoph Stalder (Gemeindefusionen), Klaus Künzli (Sicherheit), Ruedi Sutter (Steuern) oder Franziska Stalder (Bildung). Mindestens auf Klaus Künzli und Franziska Stalder wird die Fraktion jedoch verzichten müssen — sie treten nicht mehr an. Und Kneubühler kandidiert zwar wieder, fällt jedoch krankheitsbedingt länger aus und will sich danach prioritär seinem Beruf als Notar und seinem Amt als Nidauer Stadtpräsident widmen.
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