Es kommt einem so vor, als ob Sie hier von Grund auf quasi das Paradies neu planen können.
Peter Bergmann: Das ist tatsächlich ein durch den Ort gegebener Aspekt, den wir hochhalten. Städtebau ist aber heute viel mehr ein demokratischer Prozess. Den paradiesischen Grundvoraussetzungen stehen deshalb auch hier die verschiedensten Interessen gegenüber.
Baumann:Die Voraussetzungen sind tatsächlich fast paradiesisch. Rundherum gibt es Wald, See, Kanäle, ein Schloss. Vor allem zu Beginn der Planung hatten wir sehr viel Freiheit.
Es wird von Ihnen nicht weniger erwartet, als dass Sie die Stadt der Zukunft planen. Wie sieht diese aus?
Bergmann:Eigentlich geht es vor allem um das Ausbalancieren von privaten und gemeinschaftlichen Interessen. Viele neue Quartiere leiden heute unter einer Dominanz des Privaten, dem wollen wir mit unseren Ideen entgegenhalten. Gerade an diesem Ort müssen die öffentlichen Interessen besonders hoch gehalten werden. Unsere Vision bezüglich der Sozialstruktur der Stadt der Zukunft geht stark in Richtung Durchmischung statt Segmentierung. Zudem soll sie von den Bewohnern und nicht nur durch Kommerz belebt werden.
Baumann:Dabei ist die sogenannte Kampfzone Erdgeschoss entscheidend. Private Vorgärten haben hier nichts zu suchen. Vielmehr wollen wir den Aussenraum offen und durchlässig gestalten und eine Durchmischung von Bewohnern und Besuchern ermöglichen. Auf den Dächern sehen wir Gärten vor, die von allen Bewohnern eines Hauses benutzt werden können. Ganz privat sind dann Terrassen oder Loggien. Schon in den mittelalterlichen Städten ist der Aussenraum gemeinschaftlich genutzt worden. Die Abgrenzung mit Zäunen und Hecken ist nicht sehr urban.
Muss man als Architekt der Zeit voraus sein?
Bergmann:Man muss es versuchen. Meist entsteht das Neue aber einfach, ohne dass man es vorhergesehen hätte. Viele vorausschauende Projekte sind in die falsche Richtung geplant worden.
Wie sind sie bei der Planung konkret vorgegangen?
Bergmann:Ganz im Sinne von Konfuzius: Wir arbeiten nicht, wir spielen. Zuerst muss man sich von allen Zwängen lösen. Später kommt man dann aber wieder zurück und schaut: Was ist umsetzbar?
Baumann:Wir arbeiten sehr stark mit dem Modell und versuchen uns tatsächlich mit Bauklötzen vorzustellen, wie das Ganze aussehen könnte.
Ihr Projekt besticht laut Jury durch hohe Wohnqualität. Was ist das?
Bergmann:Wir haben vor allem die einmalige Lage in Wert gesetzt und sie nicht durch eine Häuserfront ganz vorne am See für die hinteren Mehrfamilienhäuser zerstört.
Baumann:Es geht uns um eine flache Hierarchie. Wir wollen, dass möglichst viele von der schönen Lage profitieren.
In ihrem Projekt gibt es keine Wohnungen mit direkter Seesicht, obschon solche sehr gefragt wären.
Bergmann:Wir haben die Seesicht demokratisiert. Frontale Seesicht gibt es zwar sehr wenig. Die Nähe zum See ist aber für alle spürbar.
Lässt sich soziale Durchmischung planen, oder entsteht hier am Ende doch ein Nobelquartier?
Bergmann:In der Stadtplanung gab es Phasen, da war es tabu, in der Architektur zu moralisieren und mit dem Einfluss des gebauten Raums auf die Sozialstruktur zu argumentieren. Heute werden Einflussmöglichkeiten eher wieder anerkannt. Man kann soziale Durchmischung zwar nicht vollständig kontrollieren, aber man kann zum Beispiel mit Platz für genossenschaftlichen Wohnungsbau gute ökonomische Voraussetzungen schaffen, und es braucht eine gewisse Nutzungsdichte