Das Sinken des Wasserverbrauchs in der Schweiz ist nicht nur darauf zurückzuführen, dass in den Haushalten Wasser gespart wird. Es ist auch Sinnbild für den Rückgang wasserintensiver Industrie in der Schweiz. Bestes Beispiel dafür ist die Aufgabe des Coca-Cola-Werks in Bolligen, die im Januar bekannt wurde. Mit der Aufgabe der Fabrik sinkt der Wasserverbrauch in Bolligen pro Kopf um rund einen Drittel, weil etwa 200'000 Liter pro Jahr für die Getränkeherstellung wegfallen. Für den Pro-Kopf-Verbrauch in der Region Bern macht dies rund ein Prozent aus.
Parallel zur Abwanderung wasserverbrauchsintensiver Unternehmen importiert die Schweiz aber mehr virtuelles Wasser aus dem Ausland, welches nicht in den Statistiken auftaucht. Damit gemeint ist Wasser, das für die Herstellung von Nahrungsmitteln und anderen Gütern jenseits der Landesgrenze benötigt wird und damit für die lokale Bevölkerung wegfällt. Laut dem Bundesamt für Umwelt (Bafu) ist die Schweiz im europäischen Vergleich der drittgrösste Nettoimporteur von virtuellem Wasser. Etwa neun Milliarden Kubikmeter Wasser werden ins Wasserschloss importiert. Das ist fast die zehnfache Menge dessen, was die Schweizer Wasserversorgungen im Jahr fördern, und entspricht achtmal dem Volumen des Bielersees.
«Als solidarisches Land sollten wir vor allem virtuelles Wasser sparen», sagt Rolf Weingartner, Professor für Hydrologie an der Universität Bern. Etwa durch die Reduktion von Abfall. Gerade der Import von virtuellem Wasser aus Ländern, wo Wasserknappheit herrscht, sei problematisch, so Weingartner.
Graues Wasser
Hydrologe Weingartner weist auf ein weiteres bisher wenig beachtetes Phänomen hin: Die Gewässer werden zunehmend mit Mikroverunreinigungen belastet. Dazu zählen Arzneimittel, Pflanzenschutzmittel, Industrie- und Haushaltschemikalien, die von den Abwasserreinigungsanlagen bisher kaum zurückgehalten werden können. Betroffen sind vor allem die kleineren Gewässer im Mittelland, wie eine Studie des Kantons beweist. Wasser, welches für die Verdünnung dieser und anderer Verunreinigungen benötigt wird, müsste man eigentlich ebenfalls zum Wasserverbrauch zählen, so Weingartner. Man spricht von grauem Wasser. (msc)