Falls die Risse im Kernmantel von Mühleberg stark wachsen sollten, muss das AKW sofort abgeschaltet werden. Diesen Vorbehalt machte die Atomaufsicht Ensi, als sie gestern grundsätzlich grünes Licht für den Betrieb bis 2019 erteilte. Denn letzten Sommer hatte man neuartige Risse entdeckt, die quer zu den Schweissnähten des AKW verlaufen. Die Ursache ist unklar, erste Auswertungen der Befunde werden frühestens Ende 2015 vorliegen. Das Ensi fordert, dass die Risse jährlich in der Sommerrevision des AKW gemessen werden. Ist eines von zwei technischen Kriterien überschritten, muss das AKW abgeschaltet werden. Das eine ist, dass die neuartigen Risse nicht länger als 32 Zentimeter sein dürfen, falls sie «wanddurchdringend» sind. Gegenwärtig sind sie bis zu zehn Zentimeter lang.
Insgesamt stellte das Ensi neun zusätzliche Forderungen. Teilweise enthalten sie die Umsetzungsfristen für die von der BKW geplanten Nachrüstungen, teilweise sind es offene Sicherheitsfragen. So muss die BKW Analysen zur Gefahr von Überflutungen im Reaktor durch Lecks in Wasserleitungen sowie zu internen Bränden vornehmen. Andere
Sicherheitsfragen, die im gestrigen Entscheid nicht angesprochen werden, sind ebenfalls offen.
• Erdbebenberechnung:
Seit 1999 versucht das Ensi mit zwei gross angelegten Projekten zu bestimmen, mit welchen Erdbebenstärken man an den AKW-Standorten rechnen muss. Eine erste Studie zeigte 2004 eine sehr viel höhere Erdbebengefahr als zuvor bekannt war. Dies führte zu Protest der AKW-Betreiber, die teure Nachrüstungen fürchteten. Auf ihren Druck hin wurde ein Nachfolgeprojekt gestartet, um die Ergebnisse zu präzisieren. Das Nachfolgeprojekt hat sich immer wieder verzögert. Gegenwärtig deshalb, weil das Ensi Schwierigkeiten mit der Beurteilung hat. Für den Mühleberg-Entscheid rechnete das Ensi mit alten Zwischenresultaten aus dem Jahr 2011. Sollte das Endresultat jedoch stärkere Erdbeben ausweisen, muss die Erdbebenfestigkeit von Mühleberg neu geprüft werden.
• Hochwasserberechnung:
Auch hier ist ein Projekt unter der Leitung des Bundesamtes für Umwelt hängig. Sollte es zum Schluss kommen, dass an den AKW-Standorten stärkere Extremhochwasser drohen, muss die Widerstandsfähigkeit von Mühleberg gegen Hochwasser neu geprüft werden.
• Wasserstoffexplosionen:
In Fukushima explodierten AKW, weil sich mit den Kernschmelzen Wasserstoff gebildet hatte. Wie alle anderen Betreiber musste auch die BKW diese Gefahr untersuchen. Die Atomaufsicht kritisierte den Bericht der BKW letzte Woche als ungenügend. Die BKW muss bis Ende Juni neue Analysen vorlegen und Massnahmen gegen diese Gefahr vorschlagen.