Heftige Kritik an Schneggs Sparplänen bei Sozialhilfe für Flüchtlinge
«Unverantwortbar», «einseitig», «kontraproduktiv»: Die Pläne von des bernischen Sozialdirektors zur Kürzung der Sozialhilfe für vorläufig Aufgenommene stossen teils auf scharfe Kritik.

Mitte Februar hatte der «Bund» die brisanten Pläne von Sozialdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP) bekannt gemacht: Vorläufig aufgenommene Flüchtlinge, die auch nach sieben Jahren ohne Job sind, sollen im Kanton Bern massiv schlechter gestellt werden. Solche Personen sollen künftig nicht mehr 977 Franken Grundbedarf pro Monat erhalten, sondern neu pro Monat 382 Franken (lesen Sie hier die Details zu den Plänen des Sozialdirektors).
Seit Freitag liegen die Reaktionen von Parteien und weiteren Interessierten Kreisen zu den Plänen Schneggs vor: Die geplanten Verordnungsänderungen ernten zwar auch Lob, vor allem aber scharfe Kritik. Dies zeigt eine Übersicht der Nachrichtenagentur SDA zur am Freitag abgeschlossenen Vernehmlassung.
Kirchen: «realitätsfremd
Die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn finden gemäss einer Mitteilung vom Freitag, diese Argumentation ziele an der Lebensrealität der meisten betroffenen Personen vorbei. Wer es in den ersten sieben Jahren nicht geschafft habe, wirtschaftlich selbständig zu werden, werde es in der Regel auch im achten nicht schaffen.
Dies nicht aus Faulheit oder fehlender Motivation, sondern weil die Voraussetzungen dafür nicht vorhanden seien. Geplant sei ein Beitrag, welcher weit unter der Hälfte dessen liege, was die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) als Minimum für ein menschenwürdiges Leben in der Schweiz definiere.
Die Grünen Kanton Bern sprechen von «unverhältnismässigen» Kürzungen, die SP fragt sich, ob mit 382 Franken noch ein menschenwürdiges Leben möglich sei, die EVP spricht von unverständlich tiefen Leistungen. Der Berufsverband Soziale Arbeit Schweiz, Region Bern und Wallis, bezeichnet die 382 Franken als «nicht existenzsichernd». Auch die Berner Stadtregierung kritisiert die Vorlage in einer Mitteilung vom Freitag.
Viele Kritiker der Vorlage weisen auch darauf hin, dass die Stimmberechtigten des Kantons Bern im vergangenen Jahr eine Änderung des Sozialhilfegesetzes abgelehnt haben. In diesem Gesetz wäre vorgesehen gewesen, die Unterstützung für junge Erwachsene und für vorläufig aufgenommene Asylsuchende um 15 Prozent zu kürzen. Verschiedentlich wird auch angezweifelt, dass die GSI auf dem Verordnungsweg solche Kürzungen vornehmen darf.
Unterstützung bei Bürgerlichen
Grundsätzliche Unterstützung findet Sozialdirektor Schnegg dagegen BDP und Grünliberalen. SVP, EDU und FDP Kanton Bern haben auf ihren Internetseiten noch keine Stellungnahmen veröffentlicht, auch sie dürften die Sparpläne allerdings unterstützen.
Ausgangspunkt für die Anpassung der Verordnungen ist, dass der Grosse Rat im vergangenen Jahr das Gesetz über die Sozialhilfe im Asyl- und Flüchtlingsbereich verabschiedete. Dieses Gesetz steht unter dem Motto Fördern und Fordern. So wird zum Beispiel der Umzug von einer Kollektivunterkunft in eine Wohnung ans Sprachniveau und an eine Erwerbstätigkeit von Flüchtlingen gebunden. Nun soll die Verordnung zu diesem Gesetz angepasst werden.
Gleich viel wie Einheimische
Schneggs Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) schreibt auf ihrer Website, mit den geplanten Kürzungen solle «auch ein Signal an die vorläufig Aufgenommenen ausgesandt werden, dass von ihnen eine Integration und Ablösung aus der Sozialhilfe erwartet wird».
Zudem weist die GSI auf die Vorgaben des Bundes hin: Vorläufig aufgenommene Flüchtlinge erhielten derzeit gleich hohe Beträge wie einheimische Sozialhilfebezüger. Der Bund schreibe aber den Kantonen vor, dass die Ansätze für vorläufig Aufgenommene unter jenen der einheimischen Bevölkerung liegen müssten. Darauf weisen auch die Grünliberalen hin. Es sei «folgerichtig», dass die Sozialhilfe für vorläufig Aufgenommene nicht mehr ansteige, wenn sie seit mehr als sieben Jahren in der Schweiz lebten und nicht mehr vom Bund unterstützt würden.
Die GSI schreibt weiter, mit der geplanten Lösung schliesse sich der Kanton Bern der Praxis zahlreicher Kantone an, welche - unabhängig von der Dauer des Aufenthalts in der Schweiz - gleiche Ansätze für vorläufig Aufgenommene hätten. Das kantonale Gesetz über die Asyl- und Flüchtlingssozialhilfe sehe vor, dass der Regierungsrat die Regelung der wirtschaftlichen Hilfe in diesem Bereich der GSI übertragen könne. Das habe die Berner Regierung getan.
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