
Der Automarkt verändert sich rasch – für die Umwelt zum Guten und zum Schlechten. So gibt es in allen Kategorien inzwischen effiziente Fahrzeuge oder solche mit Elektroantrieb, zugleich wächst der Anteil der schweren, stark motorisierten Gefährte. Es liegt nahe, die Umweltauswirkungen der unterschiedlichen Autotypen bei der kantonalen Motorfahrzeugsteuer zu berücksichtigen. Genau dies bezweckt die Vorlage, über die das bernische Volk am 13. Februar abstimmt.
Bisher war die ökologische Ausgestaltung der Autosteuern im Kanton Bern eine politische Zangen- und Fehlgeburt. Eine erste Abstimmung 2011 musste wiederholt werden, weil die gerichtlich angeordnete Nachzählung des extrem knappen Resultats scheiterte – etliche Gemeinden hatten die Stimmzettel vorschriftswidrig zu früh entsorgt. 2012 votierte das Volk dann für eine Steuersenkung bei Autos statt für die Ökoreform. Nun haben Kantonsregierung und Parlament einen neuen Anlauf unternommen.
Für die SVP, die das Referendum ergriffen hat, ist dies eine Zwängerei. Fast alle anderen Parteien unterstützen die Reform. So stehen nicht nur die Freisinnigen klar hinter der Vorlage ihres Regierungsrats Philippe Müller. Sogar die kleine konservativreligiöse EDU, sonst eine treue Verbündete der SVP, empfiehlt ein Ja. Der breite Support bis weit ins bürgerliche Lager hängt auch damit zusammen, dass die Vorlage – und das ist neu – direkt mit einer Senkung der generellen Steuern verknüpft ist.
Es wäre wenig konsequent, wenn das bernische Volk nach seinem klaren Ja zum Klimaartikel in der Verfassung einen derart kleinen Schritt zur Umsetzung des Klimaziels verwerfen würde.
Die Vorlage schreibt vor, dass der Kanton die 40 Millionen Franken, die er mit den höheren Motorfahrzeugsteuern zusätzlich kassiert, gleich wieder an die Bevölkerung zurückzahlt – indem er die Einkommens- und Vermögenssteuern im gleichen Umfang senkt. Diese Kombination soll den Kanton Bern attraktiver machen. «Niemand zieht wegen der Autosteuern weg, aber vielleicht wegen der hohen Einkommenssteuern», argumentiert der Präsident der Grünliberalen, Casimir von Arx.
Sinnvolle, aber kleine Schritte
Allerdings: Die 40 Millionen Franken, die hier verschoben werden, sind angesichts eines kantonalen Staatshaushalts von 12 Milliarden Franken bescheiden. Wunder sind keine zu erwarten. Doch fürchten müssen die Autofahrenden diese Vorlage auch nicht. Für viele wird sich unter dem Strich finanziell nichts ändern, für weitere nur wenig – im Plus oder Minus. Wer durchschnittlich verdient und einen Mittelklassewagen fährt (oder als Ehepaar zwei), wird laut den Berechnungen des Kantons pro Jahr rund 50 bis 100 Franken mehr Autosteuer bezahlen und in gleichem Umfang weniger Einkommenssteuern.
Damit stellt sich aber auch die Frage nach dem Sinn der Sache. Für die Umwelt relevant sind die Änderungen zwischen den Fahrzeugkategorien. Erstmals überhaupt wird neben dem Gewicht auch der CO₂-Ausstoss der Autos berücksichtigt – so unglaublich das in Zeiten der Klimadebatte klingen mag. Am teuersten wird es deshalb für leichte Gefährte mit starkem Motor und hohem CO₂-Ausstoss: Sportautos. Nicht zu Unrecht sprechen Befürworter von einer Porsche-Vorlage.
Land wird nicht diskriminiert
Nach den Sportautos sind die Aufschläge für schwere Geländewagen und SUV am stärksten. Dies wegen des neuen Faktors CO₂-Ausstoss, aber auch weil eine der störendsten Begünstigungen im heutigen System abgeschafft wird: Ausgerechnet die schwersten Autos erhalten einen Rabatt beim Faktor Gewicht. Der Rabatt wird gestrichen, das Gewicht bleibt aber zu Recht auch künftig ein Faktor bei der Berechnung der Steuer.
Das neue System setzt für die Umwelt die richtigen Anreize. Offen bleibt die Frage, ob diese die Autokäufe in einem ökologischen Sinn beeinflussen werden. Denn die Motorfahrzeugsteuer wird weiterhin nur einen kleinen Teil der Autokosten ausmachen. Sicher richtig ist es, wenn der Kauf von umweltfreundlicheren Fahrzeugen – anders als heute – nicht mehr steuerlich benachteiligt wird.
Die SVP allerdings sieht in der Vorlage eine Diskriminierung der Landbevölkerung, die oft auf stark motorisierte Allradfahrzeuge angewiesen sei – eine Argumentation, die sehr gut zu ihrem Feldzug gegen die Städte passt. Doch statistisch erhärtet ist dies nicht: In den meisten ländlichen Verwaltungskreisen liegen das Gewicht wie auch der CO₂-Ausstoss der Autos im Durchschnitt nur geringfügig über jenem der urban geprägten Distrikte. Auch im städtischen Flachland leisten sich offensichtlich viele einen SUV.
Erster Entscheid nach Klimaartikel
Damit soll nicht bestritten werden, dass im Berggebiet Allradfahrzeuge eine grössere Berechtigung haben. Das neue Steuermodell sieht als Ausgleich Ausnahmen für landwirtschaftliche Motorfahrzeuge, tiefere Steuersätze für Lieferwagen und – neu – sogar eine Steuerbefreiung für Pistenfahrzeuge vor.
Insgesamt ist es eine Kompromissvorlage, welche die Anreize für umweltfreundlichere Autos zumindest richtig setzt. Und: Als erste kantonale Abstimmung nach dem klaren Ja des bernischen Volkes zu einem Klimaartikel in der Verfassung hat der Urnengang politisches Gewicht. Es wäre wenig konsequent, wenn dasselbe Volk nun einen derart kleinen Schritt zur Umsetzung des Klimaziels verwerfen würde.
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Leitartikel zur Abstimmung – Bei den Autosteuern ist der Kanton diesmal gut eingespurt
Die Motorfahrzeugsteuer im Kanton Bern soll ökologischer ausgestaltet werden – dafür würden die übrigen Steuern sinken. Das ist ein fairer Deal, der ein Ja verdient.