Bei Aduno wussten alle Bescheid
Pierin Vincenz befahl den Kauf der maroden Firma Eurokaution. Es fragt sich, ob er bestochen wurde.

Dass die Zürcher Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den ehemaligen Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz diese Woche auf den Fall Eurokaution ausgeweitet hat, ist eigentlich keine Überraschung. Seit Monaten wird gerätselt, warum Aduno, eine Kreditkarten-Abrechnungsfirma, die jahrelang von Vincenz präsidiert wurde, 2014 ein faktisch konkursites Unternehmen für 5,6 Millionen kaufte, nur um es im Nachgang zu sanieren und nochmals 4 Millionen reinzustecken.
Nun kommt aus, was damals geschah. 2014 boomten Wirtschaft und Börse. Es war die Zeit des Euro-Mindestkurses, es wurde fleissig konsumiert, die Kreditkartenumsätze stiegen. Bei Aduno herrschte Goldgräberstimmung. Vincenz und sein Management träumten vom Börsengang dieses Unternehmens. Das Management war mit den Vorbereitungen dazu beschäftigt. Der Verwaltungsrat ging in Klausur und suchte nach Wachstumsstrategien, die sich den Anlegern verkaufen liessen.
Teil davon war das Geschäft mit Mietzinskautionen. Vor allem in der Westschweiz hatten Start-ups begonnen, Bürgschaften für Mietzinsdepots anzubieten. Die Idee, dass man die Mietzinsgarantie einfach über eine Kreditkarte abwickeln könnte, schien bestechend. Ein todsicheres Geschäft sei das, glaubten die Aduno-Strategen.
Aduno-Geschäftsleitung war dagegen
Also suchten sie Übernahmeobjekte. Nummer eins im Geschäft war die Waadtländer Firma Swiss-caution. Doch sie war angeblich zu teuer. Nummer zwei im Markt war Smartcaution, auch diese lehnte ab. Fündig wurde man bei der Nummer drei, der Eurokaution mit dem umstrittenen Investor Ferdinand Locher als Hauptaktionär. Das Unternehmen war ein Sanierungsfall. Zwar gab es 6500 Kundenverträge, doch auch eine Überschuldung von 1,9 Millionen Franken. Im Geschäftsbericht 2014 legte Aduno die Bilanz von Eurokaution offen. Dort sieht man, dass für 5,6 Millionen Franken eine Firma mit kurzfristigen Verbindlichkeiten von gegen 2 Millionen Franken und praktisch ohne flüssige Mittel gekauft wurde. Aus den übrigen Angaben lässt sich ablesen, dass die Firma bei einem Umsatz von rund 1,6 Millionen einen Verlust von 1,4 Millionen oder fast 90 Prozent verursachte.

Heikel ist, wie es zu diesem Kauf kam. Die Aduno-Geschäftsleitung war dagegen. Sie glaubte zwar, dass aus Eurokaution ein gutes Geschäft werden könnte und stellte Berechnungen an, die einen Unternehmenswert von gegen 30 Millionen auf die Präsentationen zauberten. Trotzdem wollten die Manager um Aduno-Chef Martin Huldi vor dem Börsengang keine solche Übernahme.
Doch da trat Pierin Vincenz auf den Plan. Er griff direkt ein und befahl, der Kauf müsse vorangetrieben werden. Im Aduno-Verwaltungsrat sass damals auch sein Freund Beat Stocker, früher Chef von Aduno. Er hatte Geld in der Eurokaution, laut «Inside Paradeplatz» 1 Million als Kredit, zudem angeblich Optionen. Laut Locher stimmt das nicht genau. Aber zuverlässige Quellen sagen, Stocker habe im Aduno-Verwaltungsrat offen gelegt, dass er ein Verkaufsmandat für Eurokaution habe und somit logischerweise von einem Verkauf profitieren würde.
Floss Geld von Stocker an Vincenz?
Trotz dem Interessenkonflikt konnte er beim Kauf mitstimmen, genauso wie Vincenz. Ausser einem stimmten alle übrigen Verwaltungsräte für den Kauf. Eurokaution wurde für Aduno nie zu einem Geschäft, hinterliess einen Millionenverlust und ist heute praktisch abgeschrieben. Stocker garnierte eine Millionensumme.
Wenn sich nun herausstellen sollte, dass auch Vincenz profitierte, könnte es sein, dass ihm bald Bestechlichkeit vorgeworfen wird. Es gibt jedenfalls Hinweise, dass nach dem Eurokaution-Kauf über ein Konto bei der Bank Julius Bär Geld von Stocker an Vincenz floss. Ob ein Zusammenhang besteht, ist nicht erwiesen. Es gilt die Unschuldsvermutung. Keiner der Betroffenen wollte Stellung nehmen.
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