«Wir sahen die Jets, dann schlugen Bomben ein»
In Malaysia besetzte ein selbsternannter Sultan ein Dorf. Das Militär griff daraufhin die Besetzer aus den Philippinen mit schwerem Geschütz an. Die Einwohner, die zwischen die Fronten gerieten, sind schockiert.

Kurz nach Morgengrauen blies das malaysische Militär zum Angriff: Mit Kampfjets, Helikoptern, Raketen und Bomben versetzten die Truppen die Menschen im Nordosten der Insel Borneo heute in helle Panik. Zu Hunderten suchten die verschreckten Einwohner der Region Lahad Datu das Weite.
Dabei galt der Einsatz in der malaysischen Provinz Sabah nicht ihnen – sondern einer Gruppe teils bewaffneter Landbesetzer aus den Philippinen, die alte Territorialansprüche geltend machen wollen. Ob es Tote und Verletzte gab, ist nicht bekannt.
«Wir sahen die Jets vorbeifliegen, und Minuten später wackelte der Boden, als mehrere Bomben einschlugen», berichtet Nasir Asrama der Zeitung «Sun». Er wohnt in Sungai Merah, keine zehn Kilometer vom besetzten Gebiet entfernt. «Dann brach Chaos aus, alle rannten aus ihren Häusern.»
«Wir haben alle Angst»
Die 120 Einwohner, viele von ihnen Kinder, zwängten sich auf ein paar Lieferwagen und flüchteten. Ahmad Ramli arbeitete auf einer Palmölplantage, als er die Bombeneinschläge spürte. Der 45-Jährige liess alles fallen und rannte zur Hauptstrasse, wie er der Zeitung berichtete.
Viele der 800'000 gebürtigen Philippiner, die teils seit Jahren friedlich in Sabah leben, sind schockiert: «Wir haben alle Angst», sagt Noreen Mahmoud Iqbal. Die 56-Jährige lebt in der Provinzhauptstadt Kota Kinabalu, etwa sechs Autostunden nordwestlich der Kampfzone.
Sie hat ihrer Heimat wegen der ewigen Kämpfe muslimischer Rebellen vor 30 Jahren den Rücken gekehrt und in Sabah Zuflucht gefunden. Nun fürchtet sie Repressalien der Malaysier, womöglich die Ausweisung.
Möchtegern-Sultan
Für die Besetzer ist die Sache ganz einfach: Sie wollen Land zurück haben, das ihnen ihrer Meinung nach gehört. «Ich will kein Blutvergiessen, aber wir haben lange genug gelitten, jetzt müssen wir unsere Ansprüche auf Sabah durchsetzen», sagte der selbsternannte Sultan von Sulu, Jamalul Kiriam III, vor ein paar Tagen.
Sein Bruder ist der Anführer der mehr als 200 Besetzer. Der Sultan residiert auf einer philippinischen Insel, nur eine Stunde mit dem Boot weiter östlich.
Die Geschichte ist dokumentiert: Seine Vorfahren haben das Land vor mehr als 130 Jahren an eine britische Kolonialfirma verpachtet. Die Briten verliessen Sabah 1963 und überliessen die Provinz Malaysia. Kuala Lumpur vertritt den Standpunkt, dass die Philippinen vor Jahrzehnten alle Ansprüche aufgegeben haben. Was den Sultan und dessen Bruder jetzt antreibt, ist unklar.
Die philippinische Regierung steht nicht hinter der Aktion. Sie schickte ein Schiff, eine «humanitäre Mission», wie es hiess, um die Männer zur Aufgabe zu bewegen. Erfolglos. Auch Kuala Lumpur bemühte sich drei Wochen lang um einen moderaten Ton. Doch am Wochenende eskalierte die Situation, es gab mehr als zwei Dutzend Tote - nun schlug die Armee zu.
Gegenseitige Beschuldigungen
Die Bilder vom Militäreinsatz erhitzen die Gemüter. Vor der malaysischen Botschaft in der philippinischen Hauptstadt Manila protestierten am Dienstag muslimische Aktivisten. «Stoppt die Massakrierung von Philippinern in Sabah», riefen sie und verbrannten ein Foto, auf dem sich die Regierungschefs beider Länder die Hände reichten.
Seit Tagen schon attackieren sich Aktivisten aus beiden Ländern im Internet. «Holt eure Hunde zurück, stoppt die Ermordung malaysischer Polizisten», stand plötzlich auf philippinischen Seiten. Philippinische Hacker rächten sich und legten malaysische Websites lahm.
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