Glosse zur Kunst des BeschimpfensAuftragsanprangern
«Wir lassen die Feuz für Sie raus» – Unsere Kolumnistin entwickelt ein neues Poller-Geschäftsmodell.

Nachbar (durchs Loch in der Küchendecke): Sag mal Feuz, wie läufts mit der Vendetta gegen das Steueramt? (Siehe Poller vom 2. Juni)
Frau Feuz: Gut läufts! Einer der Herren Steuerverwalter, der offenbar seine Leber behalten will, hat mir geschrieben, dass ich Anfang Juli mein Geld bekomme. Und was lernen wir daraus? Öffentliche Anprangerung funktioniert. Vielleicht sollte ich daraus ein Businessmodell entwickeln.
Nachbar: Wie stellst du dir das vor?
Frau Feuz: Poller-Kolumnen verkaufen. Wer sich über etwas aufregt, der oder die soll sich bei mir melden, ich schreib dann eine Kolumne dazu. Ich seh schon meine künftige Visitenkarte «Frau Feuz – CEO of Brandmarking and Schmähinvestment». Hach. Und dann die ganzen Werbesprüche. «Feuz, genau, was der Doktor verschrieben hat», «Wir lassen die Feuz für Sie raus», ah nein, jetzt hab ichs: «Feuz, die zarteste Versuchung, seit es Beschimpfungen gibt». Ist das gut, oder ist das gut?!
Nachbar: Der «Blick» hat gerade angerufen. Er möchte seine Strategie zurück.
Frau Feuz: Ach paperlapapp. Du bist doch bloss eifersüchtig auf meine Businessidee. Wir stimmen ab. Wer dagegen ist, dass Frau Feuz auftragsanprangert im Poller, hebe die Hand. Keine Stimme. Somit bin ich ab sofort neue CEO of Brandmarking and Schmähinvestment.
Nachbar: Ey Moment mal, Feuz, ich habe die Hand gehoben!
Frau Feuz: Kann ich etwa durch Wände oder Böden sehen? Eben. Die Wahl ist einstimmig.
Nachbar: Das ist Wahlbetrug der übelsten Sorte. Ich protestiere!
Frau Feuz: Du kannst gerne Beschwerde einreichen. Die Frist ist allerdings gestern abgelaufen.
Nachbar: Das ist grotesk. Installierst du jetzt hier ein totalitäres System à la Feuzatollah? Und dann am Feierabend Monopoli spielen mit Idi Amin, Pol Pot und Ceaușecu?
Frau Feuz: Die Auflistung zeigt: Du hast keine Ahnung. Wir spielen nicht Monopoli. Wir jassen. Item. Jetzt sei doch mal nicht so kritisch. Schliesslich muss man sich ja im Hinblick auf die Zukunft was überlegen, um die Poller-Kolumne in die neue «Bund»-BZ-Ära zu retten.
Nachbar: Würdest du das nicht besser mit fundierten, naturwissenschaftlichen oder technischen Inhalten versuchen?
«Die Auflistung zeigt: Du hast keine Ahnung.»
Frau Feuz: Soll ich vielleicht erklären, woher Fahrräder kommen?
Nachbar: Woher sollen die schon kommen, wenn nicht aus der Fabrik?
Frau Feuz: Ha! Du bist offenbar auch so ein Mainstream-Medien-Opfer. Wir Veloskeptikerinnen und Rücklichtverweigerinnen wissen, dass dem nicht so ist.
Nachbar: Erleuchte mich. Woher kommen denn Fahrräder?
Frau Feuz: Aus der Velostation. Ist doch klar. Schnittige Rennvelos neben eleganten Damenrädern, die nächtelang in Dunkelheit nebeneinander stehen. Zuerst bisschen die Pneus aneinanderreiben, dann die Muttern rotieren lassen, schlussendlich ordentlich einen reinvelocipeden und zack: Drei Monate später sind die kleinen Dreiräder da.
Nachbar: So ein Blödsinn. Ich revidiere. Keine Kolumnen mit technischen Inhalten. Philosophische Lebenshilfe vielleicht?
Frau Feuz: Oho, meine Kernkompetenz! Wenn ich du wäre, wäre ich lieber ich. So was in der Art? Oder: Ich habe bei Spider-Man angerufen, aber er hatte kein Netz. Das ist voll deep, wie der Zürcher sagen würde.
Nachbar: Au Mann, Feuz. Vielleicht ist es tatsächlich besser, wenn du auftragsanprangerst. Dann will ich aber der erste Kunde sein deiner neuen Schmähkolumne. Ich hab da diese diktatorische egozentrische Nachbarin, die unter Grössenwahn leidet. Was würde ein Text über sie kosten?
Frau Feuz: Zehn Jahre Knast für Feuzitätsbeleidigung.
Gisela Feuz ist freie Kulturjournalistin und nimmt ab sofort ihre Schmähvorschläge entgegen, werte Leserschaft. Die Verrechnungsgrundlage bleibt absolut intransparent. Beschwerden richten Sie bitte an den Chef dieser Zeitung (nicht im Firmen-Familienrat).
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