EHC Biel – SC Bern 5:3Biel gewinnt – und steht vor einer delikaten Entscheidung
Der EHC Biel kommt immer besser in Fahrt. Doch ist offen, ob Trainer Lars Leuenberger bleiben kann. Denn: Über allem steht das Schicksal von Antti Törmänen.

Und dann kommt tatsächlich noch ein bisschen Derby-Stimmung auf. Nur knapp drei Minuten sind noch zu spielen, als Tristan Scherwey Jason Fuchs heftig an die Bande knallt. Der Check ist hart, aber korrekt. Doch der Bieler verschwindet danach gekrümmt Richtung Bank, begleitet offenbar von einigen Zurufen seiner Teamkollegen in Richtung Scherwey. Das wiederum lässt sich der Berner nicht gefallen und gibt verbal kräftig zurück.
4:2 führt der EHC Biel zu diesem Zeitpunkt, die Partie scheint entschieden. Doch Scherweys Impuls verfehlt seine Wirkung nicht: In der 58. Minute – der SCB spielt längst mit sechs Feldspielern und ohne Torhüter – trifft Andersson wuchtig zum 4:3. Und weil danach der Bieler Yannick Rathgeb noch auf die Strafbank muss, herrscht nun nicht nur Derby-Stimmung, sondern auch Spannung. Der SCB drückt vehement auf den Ausgleich, aber er gelingt ihm nicht. Dafür trifft Biels Michael Hügli eine Sekunde vor Schluss ins verlassene Berner Tor.
Derweil der EHCB wichtige Punkte im Kampf um einen Playoffplatz sammelt, geht der SCB nach zuletzt zwei Siegen also wieder leer aus. Wobei die Partie durchaus einen anderen Verlauf hätte nehmen können. Nachdem Biel im ersten Drittel klar überlegen war und Samuel Kreis und Rathgeb innerhalb von 31 Sekunden auf 2:0 stellten, drehte das Geschehen im Mitteldrittel komplett zugunsten der Berner. Scherwey nach einem feinen Solo und Andersson egalisierten das Skore bis zur zweiten Pause. Doch im Schlussabschnitt vermochten die Berner ihre Pace nicht mehr zu halten.
Über allem schwebt die Trainerfrage
Keine Frage: Diese Saison hat bei allen Clubs Spuren hinterlassen. Beim EHC Biel allerdings noch ein bisschen mehr – wobei Corona dabei nur die Nebenrolle spielt. Alles begann mit der Diagnose Gallenblasenkrebs bei Antti Törmänen. Der im Team beliebte Trainer wurde durch Lars Leuenberger ersetzt. Quasi als Zugabe kam der Torhüterwechsel: Joren van Pottelberghe musste in die übergrossen Fussstapfen treten, die Jonas Hiller hinterlassen hatte.
«Alle mussten sich anpassen: die Mannschaft, der Goalie und auch ich.»
Es überraschte deshalb kaum, taten sich die Seeländer zu Beginn schwer. «Alle mussten sich anpassen: die Mannschaft, der Goalie und auch ich», sagt Leuenberger. Nun allerdings zeigt die Formkurve der Bieler aufwärts, die letzten fünf Partien gewannen sie allesamt. Trainer und Team hätten zueinandergefunden, sagt Sportchef Martin Steinegger, «auch, was die Erwartungen aneinander betrifft». Für Leuenberger sei die Situation nach dem verpatzten Saisonstart nicht einfach gewesen, weil er sich stark unter Druck gesetzt habe. «Aber er spürte, dass wir auch einen guten Umgang miteinander haben, wenn die Punkte ausbleiben. Das half», hält Steinegger fest.
«Eine so schwere Krankheit kann vieles auslösen.»
Die Bieler sind in der Vergangenheit nicht durch Hauruck-Aktionen bei der Besetzung der Trainerposition aufgefallen. Und getreu dieser Philosophie will Steinegger die wichtigste Personalie angehen. Denn noch steht nicht fest, wer nächste Saison den EHCB coachen wird. Törmänen, dessen Vertrag ausläuft, hat die Chemotherapie beendet, in seinem Magen sind keine Spuren von Krebs mehr vorhanden. Aber sein Körper ist durch die intensive Behandlung geschwächt, die Regeneration wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Biel will ihm Zeit lassen, seine Zukunft zu überdenken. «Eine so schwere Krankheit kann vieles auslösen», sagt Steinegger. «Er muss für sich die Antwort finden, ob er noch Trainer sein will oder nicht.»
Und dann ist da auch noch Leuenberger, der im Wissen um die spezielle Situation nur für eine Saison unterschrieben hat – aber irgendwann wissen möchte, wie es weitergeht. Weil es in diesem Metier nicht haufenweise Jobs gibt. Steinegger also wird eine menschlich äusserst delikate Entscheidung treffen müssen. «Aber das habe ich gewusst», sagt er. Denkbar ist, dass die Bieler die Trainerfrage erst nach Saisonende klären werden.
Für den SCB geht es weiter im Hamsterrad
Ganze andere Themen beschäftigen derzeit den SCB. In dieser Woche stehen die Berner quasi unter Dauerstrom, bis Sonntag müssen sie vier weitere Partien bestreiten. Den Anfang macht am Dienstag nochmals ein Derby gegen Biel, gefolgt von einem Gastspiel in Genf und zwei Heimpartien gegen Lugano.
Es versteht sich deshalb von selbst, versucht Trainer Mario Kogler die Einsätze so gut wie möglich zu verteilen. Und doch erhalten in Biel mit Ramon Untersander, Jesper Olofsson und Dustin Jeffrey drei Spieler über 20 Minuten Eiszeit. Die Frage stellt sich: Wie lange halten es die Berner im Hamsterrad noch aus, ehe die Kräfte schwinden werden?
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