Auf in die private Anbauschlacht
Was kann der Einzelne tun, wo kann er noch sparen, wenn die Krise kommt? Zusätzlicher Kartoffelanbau könnte sich für ihn lohnen, ebenso das Brotbacken und das Einlagern von Gemüse. Vom Kauf eines Huhns rät die Bäuerin Christine Gerber aber dringend ab.
«Bund»:Frau Gerber, ist die Krise für Sie auch ein wichtiges Thema?
Christine Gerber:Ja, wir fragen uns, was sie noch alles nach sich ziehen wird. Es ist beängstigend.
Empfinden Sie sie als existenziell?
Das Überleben auf einem Bauernhof ist nicht das Problem. Wir wissen, dass immer gegessen wird. Die Frage ist nur, zu welchen Kosten wir produzieren müssen. Da bestehen Ungewissheiten.
Wie sind Sie selber gerüstet?
Wir haben etwa eine Tonne Kartoffeln im Keller. Wir sind aber eine grosse Familie und benötigen diese Menge auch. Ich habe verschiedene Lagergemüse eingekellert und den Tiefkühler voll mit Gemüse und Beeren. Aus den Beeren kann ich im Winter immer wieder frische Konfitüre herstellen. Dazu kommen noch 600 Liter Süssmost.
Wie viel Konfitüre stellen Sie her?
Pro Jahr etwa 70 Kilogramm.
Und welche Sorten?
Kirschen, Zwetschgen, Holunder, Brombeeren, Himbeeren, Johannisbeeren – wir haben alles selber. Ausser Erdbeeren. Die hole ich auf einem Feld, weil die Kinder sie auch gern haben.
Was raten Sie jemandem, der etwas mehr in Richtung Selbstversorgung gehen möchte, aber nur wenig Erfahrung darin hat? Sprechen wir zuerst vom Garten.
Was immer funktioniert, ist Salat. Der stellt absolut kein Problem dar. Da erzielt man rasch Resultate. Empfehlenswert für Anfänger sind weiter Blumenkohl, Kohlrabi, Fenchel oder Krautstiele und – wenn mans gern hat – Randen und Sellerie. Etwas heikel ist dagegen Chabis.
Und wie funktioniert das mit dem Lagergemüse, das Sie erwähnten?
Ich lagere grössere Mengen Gemüse im Keller, indem ich es in Plastiksäcke lege, die ich oben nicht ganz verschliesse. Wichtig ist, das Gemüse nicht zu waschen, weil es sonst «schrumpelig» wird.
Wie kommt ein Privater zu solchem Gemüse? Und was macht er, wenn er keinen guten Keller hat?
Solches Gemüse kann man direkt bei den Bauern kaufen. Man muss sich etwas umsehen. Wer grössere Mengen bezieht, kann vielleicht einen Mengenrabatt aushandeln. Wer keinen Keller hat, kann das Gemüse auf dem Balkon in einer Styroporkiste aufbewahren. Es darf einfach nicht gefrieren. Aber auch hier gilt: Das Gemüse nicht waschen.
Was bringt es, zusätzlich Kartoffeln anzubauen – auf dem Rasen gewissermassen eine private Anbauschlacht zu führen?
Kartoffeln zu setzen, ist nicht besonders schwierig. Bei Rasenflächen müsste man wohl den Untergrund und dessen Nährstoffgehalt etwas genauer anschauen. Sonst aber gilt: den Boden umgraben, Furchen ziehen und Saatkartoffeln setzen. Die bekommt man überall.
Wann müsste man anfangen?
Im April.
Und welche Sorte würden Sie empfehlen? Es gibt doch mehligkochende und festkochende.
Es kommt darauf an, was man mag. Mehligkochende sind geeignet für Kartoffelstock, die anderen für Salzkartoffeln zum Beispiel. Ich würde eine Frühkartoffel empfehlen – die «Charlotte», die kennt man. Sie ist übrigens festkochend.
Und ist sie anspruchsvoll?
Wenn der Sommer nicht zu nass ist, sind Kartoffeln relativ pflegeleicht. Aber man sollte sie gegen Pilzbefall behandeln. Unbehandelte Kartoffeln in Privatgärten stellen übrigens ein Problem dar für die Kartoffelfelder der Bauern, weil sich die Pilzsporen stark verbreiten.
Wann sollte man sie behandeln?
Sobald die Stauden zum Vorschein gekommen sind. Allerdings muss das nicht im grossen Stil erfolgen. In Privatgärten wird tendenziell sowieso extrem überdosiert.
Und mit welchem Ertrag darf man rechnen?
Rechnen wir mit eine Are, also mit 100 Quadratmetern: Diese Fläche wirft etwa 350 Kilogramm ab.
Das ist viel.
Ja, das gibt viel. Darum haben sie im zweiten Weltkrieg ja auch die Anbauschlacht geführt.
Wann kann man sie graben?
Die frühen Kartoffeln so Anfang Juli – drei bis vier Wochen nach der Blüte. Man muss aber nicht alle auf einmal ernten.
Wie lagert man die Kartoffeln?
Wenn man keinen Keller hat, würde ich wieder eine Styroporkiste empfehlen. Frühkartoffeln kann man aber nicht so lange lagern wie ausgereifte. Und wichtig: Sie müssen im Dunkeln sein, sonst werden sie grün und damit ungeniessbar.
Und wie sieht das Ganze finanziell aus? Was kosten Saatkartoffeln?
Um eine Are zu bepflanzen, benötigt man etwa 20 Kilogramm Saatkartoffeln; das Kilogramm kostet rund 1.50 Franken.
Bei einem Ertrag von 350 Kilogramm und einem Kilopreis von ungefähr 1.50 Franken gewinnt man also um die 500 Franken?
Wenn man die Arbeit nicht berechnen muss, dann stimmt das.
Kann man nach den Kartoffeln auf dem gleichen Stück Boden nochmals etwas anpflanzen?
Ja, zum Beispiel Rüebli. Das gibt dann Lagerrüebli, die man im Oktober ernten kann.
Und sonst: Würde es sich lohnen, eine Himbeerstaude anzupflanzen?
Ja. Man kann sie im Frühling setzen und im Herbst bereits Beeren ernten. Allerdings würde eine einzelne Staude nur gerade zum Naschen reichen. Wer Konfitüre machen will, sollte schon ein paar Stauden setzen – etwa ein Dutzend.
Von der Konfitüre zum Brot. Ist es schwierig, Brot selber zu backen?
Ich backe alles Brot selber. Schwierig ist es wirklich nicht. Man braucht dazu bloss Mehl, Hefe, Salz, Wasser –und Zeit, um den Teig zu kneten und aufgehen zu lassen.
Sehen Sie sonst noch Sparmöglichkeiten für den Privathaushalt?
Das Problem sind ja stets die kleinen Mengen, die einzukaufen sind. Werden grössere Mengen beschafft, etwa Obst oder Gemüse, lässt sich einiges einsparen. Das gleiche gilt für Fleisch. Bei unserem Metzger in Detligen kann man ein halbes Schwein kaufen oder gar ein ganzes. Das kommt natürlich viel, viel günstiger, als wenn ich jedes Kilogramm einzeln kaufe.
Wie viel kostet ein halbes Schwein?
300 bis 400 Franken. Einen solchen Kauf könnten auch zwei Familien gemeinsam tätigen.
Lohnt es sich, ein Huhn zu kaufen, damit es jeden Tag ein Ei legt?
Nein. Der Aufwand wäre zu gross. Die Tierschutzauflagen sind mittlerweile so streng, dass man ein Huhn nicht mehr irgendwie halten kann. Es müsste Auslauf haben und so weiter. Da würde ich also dringend davon abraten.
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