Ukraine-KriegAuch Biden lässt die Kampfjets am Boden – vorerst
Nach dem deutschen Kanzler sagt auch der amerikanische Präsident Nein zur Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine. Allerdings ist unklar, wie definitiv diese Absage ist.

«No», amerikanische Kampfjets kriegt die Ukraine nicht: Mit einem trockenen Nein hat US-Präsident Joe Biden am Montag den Forderungen der Ukraine nach F-16-Kampfjets eine Absage erteilt. Nun fragen sich die Europäer, wie Biden das gemeint hat.
Bidens «No» wirkte wie eine hingeworfene Reaktion auf die Frage einer Reporterin. Aber sollte das heissen, dass der US-Präsident nur zurzeit Nein sagt? Oder definitiv? Oder gälte das Nein nur für Kampfflugzeuge, die direkt von den USA geliefert würden, nicht jedoch für Jets amerikanischer Produktion, die von anderen Ländern in die Ukraine ausgeführt werden könnten?
Kurz darauf schien John Kirby vom National Security Council nachzudoppeln. Die USA schickten bereits viele Waffen, sagte Kirby dem Fernsehsender CNN, und verwies unter anderem auf die 31 Abrams-Kampfpanzer, die das Weisse Haus eben erst freigegeben hat. Die Ukraine erhalte alles, was sie brauche, um durch den Winter zu kommen und eine für Frühling erwartete Grossoffensive Russlands abzuwehren, sagte Kirby.
Allerdings wandten andere Vertreter der US-Administration hinter den Kulissen anonym ein, die F-16 seien noch nicht ernsthaft auf höchster Ebene diskutiert worden. Das würde darauf hindeuten, dass Biden die Lieferung von Kampfjets für den Moment ausschliesst.
Biden hat schon oft zunächst Nein gesagt
Das hat Biden zuvor mehrmals auch für andere Waffensysteme getan, von den Raketenwerfern Himars über die Raketenabwehr Patriot bis jüngst zu den Kampfpanzern. Der US-Präsident bremste immer wieder, um sicherzustellen, dass alle Nato-Partner im Gleichschritt vorgingen. Auch will Biden vermeiden, dass die USA zu schnell zu tief in den Konflikt verwickelt werden. Innenpolitisch müsste er – wie auch der deutsche Kanzler Olaf Scholz – wohl mit deutlich mehr Gegenwehr rechnen, würde er der Ukraine im Wochentakt stärkere und teurere Waffensysteme versprechen. Scholz hatte am Wochenende die Forderung nach Kampfflugzeugen für die Ukraine abgewiesen und vor einem «ständigen Überbietungswettbewerb» gewarnt.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hatte immer darauf beharrt, dass sein Land auch Kampfflugzeuge und Raketen mit grosser Reichweite braucht, um auf russische Angriffe von weit hinter den Frontlinien reagieren und erfolgreiche Gegenoffensiven starten zu können.
Angeblich würde die ukrainische Luftwaffe Flugzeuge vom Typ F-16 bevorzugen. Derzeit fliegt diese vor allem noch alte sowjetische Maschinen vom Typ MiG oder Suchoi. Für diese gibt es jedoch kaum noch Ersatzteile. Wie bei anderen Waffensystemen auch wird die ukrainische Luftwaffe früher oder später auf westliche Systeme umstellen müssen.
Frankreich stellt Bedingungen
Der französische Präsident Emmanuel Macron schloss eine Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine nicht aus. «Grundsätzlich ist nichts verboten», sagte er am Montag in Den Haag, stellte aber Bedingungen: So dürften die Waffen nicht eskalierend eingesetzt werden und auch nicht auf russischem Staatsgebiet. Wie anwendbar solche Bedingungen auf die Wirklichkeit des Krieges in der Ukraine wären, bleibt abzuwarten.
Die Ukraine betonte immer wieder die Notwendigkeit von Flugzeugen und Langstreckenraketen zur Verteidigung gegen die anhaltenden russischen Raketenangriffe. Diese werden oft von Schiffen im Schwarzen Meer und von Flugzeugen im russischen und weissrussischen Luftraum aus gestartet.
Ebenso wichtig sind Flugzeuge laut Experten für Gegenoffensiven, möchte die ukrainische Armee erfolgreich im sogenannten Gefecht verbundener Waffen bestehen. Darunter wird die Kombination von verschiedenen Waffentypen wie Panzern, Schützenpanzern, Artillerie und Flugzeugen verstanden, um die maximale Effektivität und den bestmöglichen Schutz aller eingesetzten Kräfte zu gewährleisten. Tatsächlich sind viele Waffensysteme wie der Leopard-Panzer, der nun an die Ukraine geliefert werden soll, für einen solchen Einsatz in Kombination mit anderen Systemen konzipiert.
Die russische Armee tat sich seit ihrem Angriff auf die Ukraine vor einem knappen Jahr sehr schwer bei der Koordination ihrer verschiedenen Waffengattungen. Es ist unklar, ob russische Truppen inzwischen zu komplexen Gefechtsführungen in der Lage sind. Sollte der ukrainischen Armee eine solche Kombination ihrer Kräfte gelingen, wäre das ein grosser Vorteil.
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