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Europa und Südamerika schaffen weltweit grösste Freihandelszone
Die EU und der Staatenbund Mercosur sind sich nach jahrelangen Verhandlungen einig geworden.
Kaum geschaffen, wird die weltweit grösste Freihandelszone von Grünen in der Schweiz und Deutschland harsch kritisiert.
Die Grünen ärgern sich über dieses Bild: Die Staatsoberhäupter Macron (Frankreich), Sanchez (Spanien), Merkel (Deutschland), Macri (Argentinien) und Bolsonaro (Brasilien) freuen sich mit EU-Kommissionspräsident Juncker über das EU-Mercosur-Handelsabkommen. Foto: Reuters/Jorge Silva
Die Europäische Union und der südamerikanische Wirtschaftsblock Mercosur haben sich am Freitagabend auf ein Abkommen zur Bildung der grössten Freihandelszone der Welt verständigt. Die Grünen werten dies «fatale Entscheidung für Klimaschutz und Menschenrechte».
«Dieses Abkommen sollte so nicht zum Abschluss gebracht werden», forderte in Deutschland die handelspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, am Samstag. Die EU tausche «besseren Marktzugang für Autos gegen riesige Importe von Rindfleisch, Geflügel, Zucker und anderen Agrargütern». Das bedeute neue Weide- und Anbauflächen und werde «weitere Rodungen im Amazonasgebiet zur Folge haben».
«Schlag ins Gesicht für die Zivilgesellschaft»
Schon jetzt sei die Abholzung des Regenwaldes unter dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro um mehr als 50 Prozent gestiegen. Das habe gravierende Folgen «für den Klimaschutz, die Artenvielfalt im Amazonas-Gebiet und die indigene Bevölkerung, die für neue Weideflächen vertrieben wird», warnte Dröge.
Die Entscheidung sei «auch ein Schlag ins Gesicht für die Zivilgesellschaft in Brasilien», die sich gegen Repressalien des rechtsradikalen Präsidenten Bolsonaro wehre. Den Liberalisierungen für die europäische Industrie und die südamerikanischen Agrargiganten stünden in dem Abkommen «kaum Regeln für den Schutz von Umwelt, Klima und Menschenrechten gegenüber», erklärte Dröge. Das sei «ein fatales Ungleichgewicht».
Die Grünen-Politikerin kritisierte, «insbesondere Bundeskanzlerin Angela Merkel» habe mit einem Brief an die EU-Kommission massiv auf einen schnellen Abschluss des Deals gedrängt. Und es sei die Regierung Merkels gewesen, «die sich in Brüssel gegen effektive Klimaschutzklauseln und bessere Durchsetzungsmechanismen für Menschenrechte ausgesprochen hat».
«Exportinteressen ignorant durchsetzen»
Der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, Martin Häusling, sprach von einer «wahren Katastrophe für die Umwelt, für das Klima und für die Menschenrechte». Der Vertrag sei «ein Musterbeispiel dafür, wie in einer von Klimawandel und Artenverlust geprägten Zeit immer noch die europäische Autoindustrie ihre Exportinteressen ignorant durchsetzen kann», erklärte Häusling. Die EU stelle die Interessen der Autoindustrie über den Umweltschutz.
Das ist eine Katastrophe für die Umwelt , das Klima und die Menschenrechte !Wie kann eine abgewählte Kommission einen Deal mit einem Neofaschisten machen dem Umwelt und Menschenrechte schei.... egal sind ! Autos gegen Rinder und Soja nicht mit uns !! https://t.co/rxXfS1B4Kk
— Martin Häusling (@MartinHaeusling) 28. Juni 2019
Der Grünen-Politiker kündigte an, seine Partei werde alles in ihrer Macht stehende tun, um die Entscheidung der «längst abgewählten EU-Kommission» im EU-Parlament noch aufzuhalten.
«Auch die Schweiz steht kurz vor Abschluss»
Auch in der Schweiz sorgt die gewaltige Freihandelszone für Unmut. Regula Rytz, die Präsidentin der Grünen Partei, stellte sich sogleich hinter ihre deutschen Kollegen und warnte davor, dass auch die Schweiz ein Abkommen mit dem Mercosur-Block anstrebe.
Nicht nur die EU will mit den #Mercosur-Staaten ein Freihandelsabkommen abschliessen. Auch die Schweiz steht kurz vor Abschluss. Es droht ein Pakt gegen Umwelt und Menschenrechte. Hier eine von 3 Fragen: https://t.co/J376IKpCU3https://t.co/PqpkuFARHw@GrueneCH@Klimawahl2019
— Regula Rytz (@RegulaRytz) 29. Juni 2019
In der Schweiz dürfe es nicht so weit kommen, dass die Interessen der Auto-Industrie vor Umweltschutz und Menschenrechte gestellt werden, twitterte Regula Rytz.
Klartext der Europäischen Grünen zu Freihandelsabkommen der EU mit #Mercosur: Interessen der Automobil-Industrie vor Umweltschutz und Menschenrechten. Auch in der Schweiz darf es nicht soweit kommen! https://t.co/PqpkuFARHw@GrueneCH@Klimawahl2019@europeangreens
— Regula Rytz (@RegulaRytz) 29. Juni 2019
Abkommen für 770 Millionen Menschen
Die Europäische Union und der südamerikanische Wirtschaftsblock Mercosur hatten sich am Freitagabend auf ein umfassendes Abkommen zur Bildung der grössten Freihandelszone der Welt verständigt. Die Verhandlungen über das Abkommen für insgesamt mehr als 770 Millionen Menschen hatten bereits 1999 begonnen.
Die nun von der EU-Kommission ausgehandelte Einigung muss noch von den 28 Mitgliedstaaten und danach vom Europaparlament gebilligt werden.
Video: Weltweit grösste Freihandelszone
Historischer Moment: Die EU und der südamerikanische Staatenbund Mercosur wollen nach exakt 20 Jahren Verhandlung gemeinsam die grösste Freihandelszone aufbauen. Video: Reuters
anf/afp
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