Angelina Jolie wie Sophie Marceau
«The Tourist» will romantisch-nostalgische Thrillerkost bieten. Doch der anbetende Blick auf die hinternwackelnde Jolie ist oft nur plump.
Für den amerikanischen Touristen Frank wird eine Männerfantasie wahr. Im Zug nach Venedig spricht ihn eine atemberaubende Unbekannte an und lotst ihn in ihre Suite im Luxushotel.
Warum sich Elise für Frank, den «Touristen» und verknitterten Mathematiklehrer aus der amerikanischen Provinz, interessiert – darüber macht sich dieser offenbar keine Gedanken. Bis er von einer Heerschar von Agenten, Killern und korrupten Polizisten über die Dächer von Venedig gejagt wird.
Liebe so wichtig wie das Geld
Frank dient nur als Doppelgänger und Ablenkungsmanöver für Meisterdieb Alexander, Elises Geliebten. Gangsterboss Shaw, seine russischen Schergen und die britische Steuerfahndung sind Alexander, der Shaw um Milliarden Euro erleichterte, dicht auf den Fersen.
Doch wo ist Alexander? Und wem gehört die Loyalität von Elise? Florian Henckel von Donnersmarck orientiert sich in seiner Scharade am nostalgischen Flair romantischer Krimis à la «Über den Dächern von Nizza», «Charade» und «Der unsichtbare Dritte», in denen die Liebe mindestens so wichtig ist wie das Geld.
Dank seines Oscars für das Stasi-Drama «Das Leben der Anderen» 2007 stand dem deutschen Regisseur die Tür zu Hollywood sperrangelweit offen. Stars wie Angelina Jolie und Johnny Depp geben sich die Ehre, und mit Ex-Bond Timothy Dalton und Paul Bettany («Tintenherz») sind weitere namhafte Darsteller mit im Boot.
Boote, in denen das Paar über trübe venezianische Kanäle seinen Verfolgern entwischt, sind in diesem Verwirrspiel das wichtigste Transportmittel. Neben der pittoresken Metropole mit ihrem alteuropäischen Glamour wird mit Angelina Jolie noch mehr mondän ausstaffierter Augenschmaus geboten.
Nostalgische Scharade mit schleppendem Timing
Die Traumfrau ist mit extravaganten Roben, Stöckeln und knallroten Schlauchbootlippen durchgestylt wie einst Grace Kelly, wirkt aber ein bisschen wie eine Schaufensterpuppe. Denn obwohl Donnersmarcks Hollywood-Debüt längst nicht so unterirdisch ist, wie US-Kritiker behaupten, ist es auch nicht besonders aufregend.
Das war das Original, der französische Krimi «Fluchtpunkt Nizza» von 2005 mit Sophie Marceau, übrigens auch nicht. Zwar kommt nie Langeweile auf, doch es fehlt an Stilwillen. Und an Esprit: Der anbetende Blick auf die hinternwackelnde Jolie will augenzwinkernd sein und ist oft nur plump.
Wo der Humor gelegentlich aufgesetzt wirkt, beginnt auch das Timing zu schleppen. Richtig in Fahrt kommt der launige Verschwörungsthriller selten, und die Schlusspointe dürften abgebrühte Kinogänger früh erahnen.
Inszenatorische Geschmeidigkeit, das zeigt dieses behäbige Krimiabenteuer, ist Donnersmarcks Sache nicht. So bestätigt sich erneut die Erfahrung, dass nichts schwerer ist als die leichte Muse. Für einen unterhaltsamen Abend reicht es aber völlig.
SDA/phz
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