Als Schwejk bleibt er unsterblich
seiner letzten Vorstellung starb Fritz Muliar am Sonntag im Alter von 89 Jahren in einem Wiener Spital.
In seiner Rolle als «Der brave Soldat Schwejk» bleibt Fritz Muliar unsterblich. Jaroslaw Haseks verfilmter Klassiker über den schlitzohrigen Etappendepp, der die k.u.k. Armee mit seinen bauernschlauen Blödheiten ständig ausser Tritt bringt, ist eine satirische Rache der Tschechen auf die verhasste Donaumonarchie. Die Figur war nicht Muliars liebste Rolle, ihm aber auf den Leib geschnitten. Nur Heinz Rühmann kam ihm darin nahe, doch keiner konnte so perfekt «böhmakeln» und «jiddeln» wie Muliar, der zudem sämtliche physiognomische Voraussetzungen mitbrachte, als wäre er schon als Schwejk auf die Welt gekommen: kleine, gedrungene Gestalt, rundes und gerötetes Gesicht, grosse Ohren, hinterlistig blitzende Äuglein und das schalkhafte Grinsen.Ein unbequemer GenosseDas Jiddische lernte er von seinem russisch-jüdischen Stiefvater. Muliar war 1919 in Wien als uneheliches Kind geboren worden, sein leiblicher Vater war Offizier des Kaisers und später Nationalsozialist, die Mutter kam aus sozialdemokratischem Haus. Fünf Jahre Haft und Kriegsgefangenschaft im Zweiten Weltkrieg prägten sein politisches Weltbild von einer offenen und toleranten Gesellschaft. Er war Sozialdemokrat, aber für die SPÖ oft ein unbequemer Zeitgenosse. Wiens roter Bürgermeister Michael Häupl nannte Muliar postum «unser humanistisches Gewissen». Muliar hatte die SPÖ stets attackiert, wenn sie sich aus machtpolitischen Gründen zu weit von ihren eigenen Grundsätzen entfernte. Erstmals stand Muliar mit 17 Jahren auf der Bühne als «Der liebe Augustin». Stella Kadmon, eine Legende der Wiener Kleinkunst, hat sein Talent entdeckt und gefördert. Nach dem Krieg spielte Muliar auf mehreren Bühnen, unter anderen auch im «Simpl», der klassischen Wiener Kabarettbühne. Seine Darstellungskunst umfasste ein breites Spektrum, von Klamauk bis zur Klassik. Nestroy-Rollen, der jüdische Witz und die Wiener Kaffeehausliteratur – von Roda Roda über Hugo Wiener bis zu Friedrich Torberg – waren sein Metier. Über das Theater in der Josefstadt, das bis zuletzt seine künstlerische Heimat geblieben war, kam er 1974 an das Burgtheater. Zugleich war ihm stets bewusst, dass er für bestimmte Rollen nicht die richtige Statur hatte: «Den König Lear muss ich nicht spielen», meinte er einmal. Er setzte stets auf authentische Rollen. Zuletzt spielte er gern kantige Charakterköpfe mit galligem Humor. Fürs moderne Theater war er nur mässig zu begeistern: Einen Teil der stürmischen Ära des deutschen Starregisseurs Claus Peymann auf der Wiener Burg quittierte Muliar mit Spielboykott.Vom Publikum geadelt Muliar war seit Jahren der beliebteste und einer der höchstdekorierten Volksschauspieler Österreichs. Er war schlicht «der Muliar»: In Wien heisst es, wenn ein Schauspieler seinen Vornamen verliert, dann hat ihn das Publikum gleichsam geadelt. >
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