Was geht? Die Ausgehtipps der WocheAls Benjamin Britten das Publikum brüskierte
Eine gute Band mit schlechtem Namen, eine Krimioper ohne Ende und alte Menschen auf Rekordjagd: Die aktuelle Berner Kulturwoche wird herausfordernd.
Ein Publikumsrenner: Die 50. «Kriminalgschicht»

Als Mani Matter 1972 tödlich verunfallte, war die «Kriminalgschicht», an der die Berner Troubadours Matter, Fritz Widmer und Jakob Stickelberger arbeiteten, noch nicht ganz fertig. Also schrieben Widmer und Stickelberger die kleine Krimioper mit der ziemlich abstrusen Story zu zweit zu Ende und führten sie in der Folge über hundert Mal auf – im klassischen Troubadour-Setting: auf leerer Bühne, nur mit Stuhl und Mikrofon. Zu mehr Interaktion kommt es derweil beim Arrangement des Berner Musikers Hank Shizzoe: Das gute Dutzend Lieder wurde mit eigenen kabarettistischen Dialogen aufgelockert – und steht schon seit über zehn Jahren immer wieder auf dem Spielplan des Theaters Matte. Jetzt zum 50. Mal. (lri)
Theater Matte, Bern, 1. bis 5. Februar, jeweils um 20 Uhr, sonntags um 17 Uhr
Benjamin im Doppel: Grosvenor spielt Britten im Casino Bern

Benjamin Britten brachte sein einziges Klavierkonzert 1938 an den BBC Proms, einer Sommerkonzertreihe, als Solist selbst zur Uraufführung. Das Publikum war kritisch, denn da wurde mit vielen Konventionen gebrochen: Britten schrieb vier anstatt drei Sätze, mit Titeln wie «Toccata», «Walzer», «Rezitativ» und «Arie», mit einer aussergewöhnlichen Beziehung zwischen Soloinstrument und Orchester. Das Werk sollte jedoch für seine Gattung wegweisend werden. Gut 70 Jahre später, 2011, führte das damals 19-jährige Talent Benjamin Grosvenor das Solowerk erneut an den Proms auf. Der heute 30-jährige Pianist wird nun auch das Berner Publikum mit dem Werk beehren, gemeinsam mit dem Berner Symphonieorchester unter der Leitung des Co-Operndirektors Nicholas Carter. (mar)
Casino, Bern, Donnerstag und Freitag, 2. und 3. Februar, jeweils 19.30 Uhr
Rennen wie die Jungen: «Reportagen» live

«Reportagen live on stage» geht in die nächste Runde. Das Format, eine Teamleistung des Magazins «Reportagen» und Bühnen Bern, hat sich das hochtrabende Ziel gesteckt, Texte aufzuführen, die sonst in Hefte gedruckt werden. Diesmal geschieht Selbiges mit einer Reportage der vielfach ausgezeichneten Journalistin Margrit Sprecher. Sie hat darüber geschrieben, wie Ü-70-Athletinnen und -Athleten ambitioniert um Rekorde kämpfen. Für die szenische Einrichtung ist Loreta Gashi zuständig, Experte ist Collin Yvès Ewald und Moderator Daniel Puntas Bernet. (mfe)
Mansarde Stadttheater, Bern, Donnerstag, 2. Februar, 19.30 Uhr
Freie Sicht auf die Apokalypse: Preoccupations
Dass die Welt in den letzten Jahren ein bisschen komplizierter und deren Bevölkerung etwas achtsamer geworden ist, hat die Band Preoccupations erfahren müssen. Sie taufte sich einst auf den Namen Viet Cong und veröffentlichte 2015 ein viel umjubeltes Debüt-Album, das den Versuch startete, Industrial und Post-Punk mit schwerblütigem Songwritertum zu verquicken. Band gut, Name schlecht, hiess es dann irgendwann. Und nach ihrer neuesten Einspielung kann man sagen: Band noch besser. Neuer Name auch irgendwie doof. Preoccupations aus Kanada klingen heute wie die finsteren Brüder der Stranglers: New Wave mit schwerem Schuhwerk und einem Hang zur abgedunkelten Melancholie. «Im Grunde geht es darum, dass die Welt in die Luft geht und es niemanden interessiert», erklärt die Band ihr neues Werk, das sanfter und trauriger klingt als alles, was sie bisher ersonnen hat. Die musikalischen Trümmer sind weggeräumt: Es gibt freie Sicht auf die Apokalypse. (ane)
Fri-Son, Freiburg, Freitag, 3. Februar, 20 Uhr
Den Klimawandel vor Augen: Filmreihe «Earth Beat»

Auf der Leinwand ist der Klimawandel längst angekommen: Das beweist die Filmreihe «Earth Beat» im Reitschulkino mit neueren und älteren Werken, die das Verhältnis von Mensch und Natur in den Fokus nehmen. Darunter sind etwa Ai Wei Weis «Human Flow» (eine nicht ganz unumstrittene Kunst-Doku über die Millionen, die auf der Flucht sind), Ulrich Seidls «Safari» (ein typisches Seidl-Werk über europäische Jagdtouristen in Afrika) oder Hayao Miyazakis «Prinzessin Mononoke» (ein wundervoller Animationsfilm mit Öko-Botschaft). Prädikat «besonders sehenswert» gibts für «Darwin’s Nightmare», jenen Dokumentarfilm, der 2004 am Beispiel des von Forschern ausgesetzten Nilbarschs im Viktoriasee eindrücklich vor Augen führte, welch krasse und unumkehrbare Folgen das menschliche Handeln hat. Auf Natur und Mensch. (reg)
Kino in der Reitschule, 3. bis 25. Februar
Aller guten Dinge sind drei: Piano Trio Fest

Seine Premiere meisterte das Piano Trio Fest vor zwei Jahren unter erschwerten Umständen, als die pandemischen Alarmsignale auf Rot standen. Das junge Organisationskomitee liess sich davon nicht beirren und geht dieses Jahr nun bereits in die dritte Runde mit seinem Festival, das sich explizit der Gattung des Klaviertrios widmet. Auf dem Programm stehen Werke in der klassischen Besetzung Violine, Cello und Klavier, aber auch Entdeckungen: Wussten Sie, dass sowohl Mozart als auch Bach ein Konzert für drei Klaviere mit Orchesterbegleitung geschrieben haben? Zu hören sein wird auch eine Uraufführung der 39-jährigen Komponistin Elena Ralli. (mar)
Zentrum Paul Klee, Eröffnungskonzert am 5. Februar, 17 Uhr. Weitere Konzerte bis 5. März. Infos: www.pianotriofest.ch
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