«...aber der Tanz war schön»
Er prägte das Schweizer Kino mit Filmen wie «Die Schweizermacher» oder «Dällebach Kari». Jetzt ist der Kameramann Fritz E. Maeder im Alter von 82 Jahren gestorben.

Eines Tages hat Fritz E. Maeder seiner Frau Barbara einen Zettel gegeben mit dem Satz «Sterben ist – wie nach dem Tanz allein nach Hause gehen, aber der Tanz war schön». Nun stehen die Worte, gestaltet wie ein dreizeiliges Gedicht, auf der zweiten Seite seines Leidzirkulars. Fritz E. Maeder ist heimgegangen, aus dem Lindenhofspital auf das Bolliger Hühnerbühl und dann am 23. November allein weiter – ein erfahrener Kameramann ohne Kamera.
Und wenn Barbara Maeder-Häsler ihre traurige Botschaft als Künstlerin in das Bild einer wilden Woge gelegt hat, so darf darin das uralte Wasserzeichen des Lebens gesehen werden. Und vielleicht auch der Bilderfischer, der seine eingefangenen Bilder des Menschen, des Lebens und der Welt hinterlässt. Sie sind für uns alle bestimmt, für ein geschichtenhungriges Publikum. Für Zeugnisse des Sehenden, des Schauenden.
Grosses Teamverständnis
Fritz E. Maeder unterliess es nie, mit «Kameramann S.C.S.» (Swiss Cinematographic Society) zu unterzeichnen. Diese Mitgliedschaft war für ihn Auszeichnung und Siegel. Er wurde zu einem der gesuchtesten Kameramänner, als es in der Schweiz diese Berufsbezeichnung offiziell noch gar nicht gab, geschweige denn eine Ausbildungsstätte.
Maeder begann mit einer kaufmännischen Lehre, merkte aber bald, dass das nicht sein Weg sein konnte. Er liebte das Kino und den Film. «Kameramann wollte ich werden, weil ich glaubte, der mache die Filme», pflegte er gerne zu erzählen. Tatsächlich scheint er diesem Glauben nicht ganz abgeschworen zu haben, denn schon seine frühe Kameraarbeit für René Gardis Ethnodokumentarfilm «Mandara» (1959) zeugt von einer freundschaftlichen Mitgestaltung.
Druchstreift man die Listen mit den über 100 Dokumentar- und Spielfilmen Fritz E. Maeders, so ist nie nur Mitarbeit, sondern Zusammenarbeit und Engagement zu spüren. Und wenn der Kameramann von «Dällebach Kari» dem Hauptdarsteller Walo Lüönd erfolgreich Berndeutsch beibringen kann, so ist darin Maeders faszinierendes Teamverständnis zu erkennen.
Durch Selbststudium und Assistenzen, die etwa bei Kurt Blum zum gemeinsamen Gestalten führten, sammelte er in allen damaligen Apparaten Erfahrungen. Zum inhaltlichen kam sein technisches Interesse.
Er setzte sich jedoch nicht nur für den sogenannten Fortschritt ein, sondern auch für das schwarz-weisse Bild, in dem er ungeahnte, nie ausgeschöpfte Ausdrucksmöglichkeiten sah. Den ausschliesslichen Farbfilm des Fernsehens empfand er als Verarmung. Andererseits war er der erste Schweizer Kameramann, der im Imax-Format filmen konnte.
Keine Berührungsängste
Ziel seiner Arbeit waren dabei immer die Zuschauenden, das Kinopublikum. Er wollte immer Filme machen, die Sinn vermitteln, die verstanden werden können und ein Schauerlebnis bieten. Kurt Frühs «Dällebach Kari», Peter von Guntens «Kleine frieren auch im Sommer», Rolf Lyssys «Die Schweizermacher» und «Kassettenliebe» sind gelungene Beispiele aus der langen Reihe der Spielfilme.
Im noch längeren Verzeichnis der Dokumentarfilme wird schon 1960 die Auftragsarbeit «Menschen – Feuer – Stahl» (Regie: Kurt Blum) am Festival von Venedig mit Gold ausgezeichnet. Ein ganz und gar einzigartiger (Werbe-)Film, in dem der Auftraggeber nicht ein Mal erwähnt wird.
Berührungsängste mit der Wirtschaft, beispielsweise der Swissair, gibt es nicht. Aber engagierte sozialpolitische und historische Werke sind Fritz E. Maeder wichtiger. Auf Schiffen und Gewässern aller Art, fliegend und fahrend, in stillen und lauten, friedlichen und gefährlichen Zonen hat Fritz E. Maeder gedreht. Und er war Dozent an verschiedenen Hochschulen.
Die Krönung nach 25 Jahren
«Einen Krimi oder einen Western möchte ich noch machen», sagte er, als er mir an der Jahrtausendwende vom Projekt «Wer keinen Pass hat, ist ein Hund» mit Bruno Moll über die Schweizer Jahre Brechts erzählte. Dieser Film ist der letzte Eintrag in seiner Liste.
Doch es kommt einem noch ein anderes Werk als Krönung von Maeders Schaffen in den Sinn: «wie du und ich». 1997 nach 25 Jahren abgeschlossen – es ist eine Langzeitstudie und damit etwas Einzigartiges, ein Plädoyer für das Leben, das Leben Behinderter. Vor allem aber ist es ein Bekenntnis des Filmschaffenden zum Leben ohne IQ, aber mit einer Bewegung, die «ich bin» heissen könnte, oder einem kleinen Aufleuchten, das fragt: «Wer bist du?»
Zwei Rubriken mit Anekdoten haben wir früh schon immer lesen dürfen: «Menschen wie du und ich» und «Menschen, die man niemals vergisst». Die behinderten Thomas, Käthi, Christian und Martha, die wir dank Fritz E. Maeder und Barbara Maeder-Häsler kennen lernen durften, gehören dazu – behindert, doch lebend im Augenblick.
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