666 Kilometer Oberländer Pisten für 666 Franken
Preiskrieg im Wintersport? Saas-Fee und die Romandie haben mit Saisonabos zu Tiefpreisen vorgelegt. Nun spannen die vier grossen bernischen Skigebiete zusammen und schlagen zurück.

Vor einem Jahr hat die Destination Saas-Fee mit ihrem Billig-Skipass für Furore gesorgt. Für Furore und viel Ärger. Vor allem bei der Konkurrenz: Von «Blödsinn» war damals die Rede, als bekannt wurde, dass die Saisonkarte im Saastal für 222 Franken zu haben ist.
So mancher Bergbahnbetreiber hat sich lauthals vom Angebot der Walliser distanziert. Etwa Matthias In-Albon, Geschäftsführer der Bergbahnen Destination Gstaad. Er sagte damals gegenüber der «Hotel Revue», er verlange weiterhin den Preis, «den unser Skigebiet mit all seinen Vorzügen wert ist».
Um so überraschender die Mitteilung, die am Donnerstag aus dem Oberland eintraf. Darin teilen die vier grössten bernischen Skigebiete – die Jungfrauregion, Gstaad, Meiringen-Hasliberg und Adelboden-Lenk – mit, sie würden für den kommenden Winter zusammenspannen. Und: Im Vorverkauf gebe es das Saisonabo für alle Regionen zusammen für 666 Franken.
Bisher kostete allein die freie Fahrt auf den Pisten in Gstaad im Vorverkauf 963 Franken. Auf den Gstaader Saisonpass gibt es also einen Rabatt von mehr als 30 Prozent. Und obendrauf gratis Zutritt zu drei weiteren Skigebieten.
Pro Kilometer Piste ist das Angebot aus dem Berner Oberland damit sogar günstiger als jenes aus Saas-Fee. Im Wallis kostet der Pistenkilometer knapp 1.50 Franken. In Bern gibts für 666 Franken laut Mitteilung Zugang zu 666 Pistenkilometern.
Es braucht 1300 zusätzliche Abos
Die Berner sind nicht die Ersten, die für nächste Saison eine Preisoffensive starten. Bereits Mitte April lancierten 25 Skigebiete aus der Romandie ein gemeinsames Saisonabo zum Tiefpreis. Mit dem Magic Pass für derzeit 379 Franken erschliessen sich einem die Pisten von Gebieten wie Crans-Montana, Leysin und Les Diablerets.
Insgesamt rund 1000 Kilometer Piste. Der Magic Pass wurde bisher mehr als 60'000 mal verkauft. Sprecherin Cornelia Forte nennt das einen «unerwarteten Erfolg». Für den Gstaader Bergbahnchef In-Albon ist klar: Angebote wie in Saas-Fee und der Westschweiz können nur funktionieren, wenn damit massiv zusätzliche Kunden angelockt werden.
Nicht so im Berner Oberland. Hier sei es zwar auch das Ziel, dass jeder Gast zum Saisonkarten-Besitzer werde, so In-Albon. «Natürlich glauben wir an das Potenzial des Produkts. Aber das neue Abo wird sich auch rechnen, wenn nur bedingt zusätzliche Gäste angesprochen werden.» Jungfraubahn-Chef Urs Kessler fügt an: «Wenn wir nur schon 1300 zusätzliche Saisonkarten verkaufen, steigern wir die Einnahmen.»
Wie ist das bei einem Rabatt von 30 Prozent möglich? Laut In-Albon wurde bisher in Gstaad die grosse Mehrheit der Saisonkarten an Einheimische verkauft. Zum Vorzugspreis von 675 Franken. In der Kalkulation der Bergbahn ist somit der tatsächlich gewährte Rabatt eher gering.
In-Albon spricht deshalb auch nicht von billigen, sondern von fairen Preisen. Die Oberländer senden trotzdem ein klares Signal aus: Die Preise sinken. Dessen müssen sich auch die Verantwortlichen bewusst sein.
Die Aktionen sollen, egal ob in Saas-Fee oder nun im Berner Oberland, nicht nur Wintersportler auf die Pisten locken, sondern auch für zusätzliche Übernachtungs- und Restaurantgäste sorgen. Von Sonntag bis Donnerstag erhalten die Besitzer des neuen bernischen Skipasses deshalb in mehreren Hotels bis zu 50 Prozent Rabatt. Weitere Partnerschaften mit Skischulen und Skivermietungen würden derzeit geprüft, steht im Communiqué.
Verpufft der Effekt bald wieder?
Anfangs könne es den Effekt geben, dass sich die Leute sagten: Nun habe ich einen günstigen Skipass, dann gönne ich mir noch ein gutes Nachtessen im Restaurant, meint Therese Lehmann von der Forschungsstelle Tourismus (Cred-T) an der Universität Bern. Aber an die Preise, die heute als günstig angeschaut würden, werde man sich gewöhnen. Dann verpuffe dieser Effekt.
Saas-Fee hat nach der ersten Saison ein sehr positives Fazit gezogen. Nicht nur die Bergbahnen, sondern auch andere touristische Betriebe haben vom «Hammerangebot» (Eigenwerbung) profitiert. Ob sich der Erfolg beliebig wiederholen lässt, wenn nun andere Gebiete auf den Zug aufspringen, ist offen. Lehmann zweifelt daran. «Die Leute werden nicht plötzlich zu Skifahrern, nur weil der Preis sinkt.» Die Nachfrage stagniere oder sinke. Somit werde das Ganze zu einem Verdrängungswettbewerb, in dem letztlich alle weniger verdienten.
Erschwerend kommt für die bernischen Gebiete hinzu, dass sie ihr Angebot erst jetzt ankünden. Saas-Fee hat sein Tiefpreis-Abo nämlich in eine nächste Runde geschickt. Und dabei gehörig Druck gemacht. Bis zum 22. April konnte das Saisonabo wiederum für 222 Franken gekauft werden.
Der Magic Pass ist ebenfalls bereits seit Mitte April erhältlich. Es dürfte den einen oder anderen geben, der es sich zweimal überlegt hätte, in Saas-Fee oder der Romandie zuzugreifen, wenn er von den Plänen im Berner Oberland gewusst hätte.
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